Gehörloser Hollywood-Star Marlee Matlin abgewürgt: Die Oscars 2021 ernten Kritik

Eine gehörlose Schauspielerin überreicht einen Oscar? Klingt ganz nach einem echten Fortschritt in Richtung Inklusion bei dem Filmpreis - wenn die Kamera ihre Zeichensprache denn auch gezeigt hätte. Für diese wunderliche Regie-Entscheidung ernten die Oscar-Produzenten nun viel Kritik.

Oscar-Gewinnerin Marlee Matlin kehrte auf die Oscar-Bühne zurück. (Bild: Getty Images)
Oscar-Gewinnerin Marlee Matlin kehrte auf die Oscar-Bühne zurück. (Bild: Getty Images)

Zum zweiten Mal gewinnt eine Frau den Regie-Oscar, Fremdsprachen bekommen Platz auf der Oscar-Bühne, erstmals ist ein Muslim für die beste Hauptrolle nominiert, und mittlerweile scheint bei der Akademie angekommen zu sein, dass nicht nur weiße Darsteller oscarreife Darbietungen liefern: Langsam, ganz langsam öffnet der wichtigste Filmpreis der Welt seinen Horizont.

Noch ein schräger Oscar-Moment: So reagiert Daniel Kaluuyas Mutter auf seinen Sex-Witz

Zu diesem Streben nach Inklusion sollte wohl auch gehören, mit Marlee Matlin eine gehörlose Schauspielerin einzuladen. Doch dabei traten die Oscars in den Augen vieler Social-Media-Nutzer gehörig ins Fettnäpfchen.

Ein Kameraschnitt würgt Matlin ab

Matlin, die 1987 mit einem Oscar als beste Hauptdarstellerin für "Gottes vergessene Kinder" ausgezeichnet wurde, stellte die Nominierungen für den besten Dokumentations-Kurzfilm in Zeichensprache vor, während aus dem Off ein Dolmetscher übersetzte.

Als die Kamera nach ihrer kurzen Einleitung nicht mehr Matlin, sondern die Nominierten zeigte, blieb jedoch nur noch die Stimme des Letzteren übrig. Was die Schauspielerin sagt, ist zwar noch zu hören - Gehörlosen ging der vorübergehende Sprachvorteil jedoch direkt wieder verloren.

Auch, dass Matlins Weg der Kommunikation abgewürgt wurde, erntet reichlich Kritik auf Social Media, zumal es hierfür eine simple Lösung gegeben hätte, wie viele betonen.

Ich bin angewidert, dass die Oscars Marlee Matlin nicht zeigen, während sie einen Preis präsentiert. Es wäre so leicht gewesen, eine Bild-im-Bild-Einblendung zu machen, was bei den Oscars keine Seltenheit ist, damit wir sie und die Nominierten sehen können. Ihr habt ihr die Stimme weggenommen!

Ich bin immer noch sauer, dass sie Marlee Matlin eingeladen haben, um einen Preis in Zeichensprache zu überreichen, nur um dann von ihr wegzuschneiden (anstatt sie einzublenden, während man die Nominierten zeigt). Und wenn sie sie gezeigt haben, waren sie viel zu nah dran, so dass man ihre Zeichen kaum sehen konnte.

Inklusion nur zum Schein?

Diese Handhabe war in den Augen der Twitter-User nicht nur widersinnig, sondern auch bezeichnend für die Art von Vielfalt, die mehr zum Schein als zur echten Inklusion von Minderheiten geschieht.

Hey, Oscar-Akademie, wer hat entschieden, dass Marlee Matlin außerhalb des Bildes Zeichensprache sprechen soll? Das ergibt keinen Sinn. Der Nutzen geht verloren. Die Sprache geht verloren.

Man möchte meinen, dass die Oscars wissen, dass man einen geteilten Bildschirm braucht, wenn Marlee Matlin einen Preis überreicht. Das ist ein Beispiel für performative Vielfalt/Inklusion, die wenig wert ist.

Man merkt, dass die Produzenten niemanden in ihrem Umfeld haben, der taub oder schwerhörig ist. Wieso lädt man eine gehörlose Frau ein, die Zeichensprache spricht, und zeigt sie dann nicht durchgehend? Das ist schrecklich. Das geht besser, Oscars!

Ein Schritt in die richtige Richtung?

Vereinzelt fanden sich auch Stimmen, die es begrüßten, mehr Vielfalt bei der Oscar-Verleihung zu sehen, die auch Menschen mit Behinderung einschließt.

Es fühlte sich irgendwie wie falsche Inklusion an, dass Marlee Matlin den Preis für die beste Dokumentation in Zeichensprache überreicht (positive Repräsentation!) und dass "Sommer der Krüppelbewegung" dann nicht gewonnen hat. Aber wisst ihr was? Das ist ein Fortschritt. Ich fühle mich trotzdem gesehen. Ich bin trotzdem stolz.

Sind das wirklich die Oscars? Da sind so viele dunkelhäutige, asiatische und fremdsprachige Menschen, die Preise gewinnen und überreichen. Und dann präsentiert Marlee Matlin auch noch einen in Zeichensprache. Ich bin überwältigt von der Vielfalt bei den Oscars.

Für viele war es außerdem positiv, Marlee Matlin endlich wieder bei der Oscar-Verleihung zu sehen. Die Amerikanerin gewann den Preis vor 34 Jahren für ihr Schauspiel-Debüt im Alter von 21 Jahren und ist bis heute die einzige gehörlose Schauspielerin, die einen Oscar hat.

Oscarreif: Glenn Close tanzt zu "Da Butt" und erobert Social Media

Video: "Nomadland" gewinnt den Oscar als besten Film