Mental Unload statt Mental Load: Wie man latenten Dauerstress vermeidet
Manchmal ist man einfach gestresst, ohne genau benennen zu können, warum. Der Alltag bringt so viele Aufgaben mit sich, die sich alle aufsummieren und dann eben doch belastender sind, als man vorher gedacht hat. Wir fühlen uns müde, ausgelaugt und wissen gar nicht, wo uns der Kopf steht. Dieses Gefühl wird in einigen Partnerschaften noch verstärkt, wenn die Beziehung zusätzlich zur Last wird – oder man die Last der anderen Person gleich ganz mit tragen muss. Das kann nicht gut für unsere mentale Gesundheit sein und ist es auch nicht. Deshalb wird es dringend Zeit, etwas gegen unseren Mental Load zu tun.
Welche Last wir mit dem Mental Load unbemerkt herumtragen
Es gibt solchen und solchen Stress. Wenn wir im Job an unsere Belastungsgrenze stoßen, wissen wir auch, warum: Wir haben einfach zu viel auf dem Tisch liegen. Dann gibt es aber auch diese Art von Stress, die man nicht klar benennen kann – und trotzdem darunter leidet. Häufig handelt es sich dabei um einen Mental Overload. Als Mental Load wird die unsichtbare, oft unerkannte geistige Arbeit bezeichnet, die mit der Organisation von Alltagsaufgaben einhergeht, insbesondere im häuslichen Umfeld. Darunter fallen alle To-dos, die Teil unseres täglichen Lebens sind, also Termine ausmachen, einkaufen gehen, kochen, putzen, all das, was so nebenher läuft. Das mag jetzt erst mal banal klingen, ist aber zusammengeschnürt ein ordentliches Aufgabenpaket, das neben sozialen und beruflichen Herausforderungen ebenfalls erledigt werden muss. Weil da irgendwie alle durchmüssen, ist uns häufig gar nicht bewusst, welche Zusatzbelastung wir mit dem Mental Load bewerkstelligen müssen. Stoßen wir damit an unsere psychischen Grenzen, haben wir es mit einem Mental Overload zu tun.
Warum der Mental Load oft unterschätzt wird
Zahnarzttermin ausmachen, einkaufen gehen, Wohnung sauber machen und dann muss man auch noch ein Geschenk für den besten Kumpel besorgen, der am Abend Geburtstag feiert – bei all diesen Themen handelt es sich um klassische Alltagsaufgaben, die gemacht werden müssen, in Kombination aber ziemlich anstrengend sein können. So anstrengend, dass unser Mental Load an seine Belastungsgrenze stößt. Obwohl Stress im Beruf oder Streit mit Freund*innen ganz klar benannt werden kann, ist uns die Last des Mental Loads häufig weniger bewusst. Sie bleibt gerne mal unbemerkt, weil sie aus unsichtbarer, geistiger Arbeit entsteht, die im Hintergrund abläuft und nicht direkt beobachtbar ist. Viele dieser Aufgaben sind kognitiver Natur, wie das tägliche Zeitmanagement oder die Organisation unseres Tages, die wir im Geiste abhaken und im Gegensatz zum Job beispielsweise nicht physisch bewältigen. Dabei erkennen wir häufig selber nicht an, wie viel mentale Kraft wir bereitstellen müssen, um unseren Alltag zu koordinieren. Noch schwieriger wird es, wenn der Mental Load auch von anderen Personen nicht anerkannt wird, mit denen man beispielsweise in einer Partnerschaft lebt.
In Beziehungen ist der Mental Load häufig ungleich verteilt
Mit dem eigenen Mental Load klarzukommen, ist schon nicht leicht. Gerade wenn man viele offene Baustellen und gleichzeitig noch Stress im Job hat, ist die unsichtbare Belastung ziemlich groß. Noch schlimmer wird es, wenn man diese Last nicht nur für einen, sondern gleich für zwei Köpfe mittragen muss. Das passiert häufig in Beziehungen, in denen eine Person der anderen den gesamten Mental Load überlässt. In heterosexuellen Beziehungen ist das oft die Frau. Sie kümmert sich um den Alltag, plant alles durch und organisiert das Leben, während Männer dazu neigen, sich gerne mal zurückzulehnen, wenn sie aus der Arbeit kommen. Natürlich wollen wir hier nicht pauschalisieren, immerhin klingt das nach veralteten Rollenbildern, mit denen wir nichts mehr anfangen können und wollen – aber in vielen Fällen ist das leider immer noch so. Auch in nicht-heterosexuellen Beziehungen ist die Verteilung des Mental Loads häufig unausgeglichen. Es gibt fast immer eine Person, die mehr geistige Last trägt als die andere. Das führt dann schnell zu einer mentalen Überbelastung, die in Dauerstress mit Burnout-Symptomen enden kann. Gar nicht gut.
Mental Load bekämpfen und unsichtbaren Stress vermeiden
Wir alle haben unterschiedliche mentale Kapazitäten, die wir für die Organisation unseres Alltags bereitstellen. Der Umfang dieser Kapazitäten ist variabel und kann durch äußere Einflussfaktoren vergrößert oder verkleinert werden. Nehmen wir die Weihnachtsfeiertage als Beispiel, bei denen es viel zu planen und organisieren gibt. In diesen Fällen ist unsere mentale Batterie schnell aufgebraucht, weil der Mental Load hier stark beansprucht wird. Deshalb fühlen wir uns vor und während den Feiertagen auch häufig gestresst, bis wir endlich loslassen und Mental Unload betreiben können. Einige Tipps, wie das (schon vorher) gelingt:
Tipps, wie wir unseren Mental Load persönlich bekämpfen
1. Mental Overload anerkennen: Zunächst ist es wichtig, zu begreifen, welche Last man da eigentlich mit sich rumträgt. Nur wenn wir diese Belastung auch als solche anerkennen, können wir sie bekämpfen. Der Alltag kann verdammt stressig sein, ist einfach so. Deshalb ist es auch völlig okay und legitim, wenn man dabei an seine Grenzen stößt. Nur weil wir den Stress nicht greifen können, heißt das nicht, dass er nicht da und belastend ist.
2. Stressquellen benennen: Als nächstes sollte man dem Stress auf den Grund gehen. Was genau belastet einen am meisten, welche Stressquellen gibt es? Am besten sammelt man alles, was einem gerade durch den Kopf geht, auf einem Blatt Papier und nimmt sich die einzelnen Punkte vor.
3. Prioritäten setzen: Welche Dinge davon müssen zwangsläufig erledigt werden? Wo kann man auch mal Fünfe gerade sein lassen? Häufig hilft eine Priorisierung der Alltagsaufgaben dabei, essenzielle To-dos zu erkennen und andere von der Liste zu werfen, denn ...
4. Erwartungsmanagement anpassen: ... man muss nicht immer alles erledigen. Wir haben ständig den Anspruch an uns selbst, alles perfekt zu meistern. Gerade im Alltag handelt es sich doch häufig um vermeintlich "einfache" Aufgaben, sollte nach Möglichkeit alles erledigt werden. Aber manchmal, da kann oder will man einfach nicht. Lieber lernt man, damit umzugehen, als ständig mit Mental Overload und Dauerstress zu kämpfen.
5. Selfcare betreiben: Um besser mit Stress und nicht-erledigten Aufgaben umzugehen, sollte man sich selbst und dem eigenen Geist Gutes tun. Darunter fallen Meditationen, Achtsamkeitsübungen und andere Aktivitäten, bei denen wir Stress abbauen und neue Energie tanken können.
Tipps, wie wir den Mental Load in Beziehungen besser aufteilen
1. Offene Kommunikation:Reden, reden, reden. Wenn man das Gefühl hat, man muss den ganzen Mental Load für die Beziehung tragen, sollte man schnell mit dem*der Partner*in sprechen. Denn so geht es einfach nicht. Viele wissen gar nicht, was der Mental Load überhaupt ist – und wie anstrengend er sein kann. Im Idealfall sollte sich die andere Person entschuldigen und versprechen, künftig mehr mentale Last zu tragen. Versteht sie nicht, wo das Problem liegt, soll sie doch mal den ganzen Mental Load übernehmen und danach berichten, wie es ihr ergangen ist. Im Endeffekt ist es auch egal, wer wie viel macht oder übernimmt, wem es leichter fällt und wem nicht. Alle so, wie sie können.
2. Aufgabenverteilung: Prinzipiell sollten alle Alltagsaufgaben, die beide Parteien betreffen, auch fair unter beiden Parteien aufgeteilt werden. Der eine kümmert sich um den Haushalt, die andere um die Kinder oder andersrum. Egal, Hauptsache, beide packen mit an.
3. Verantwortung übernehmen: Personen, die bislang wenig Mental Load getragen haben und alles an den*die Partner*in abgewälzt haben, sollten lernen, Mental Load zum einen anzuerkennen und zum anderen auch Verantwortung für die gemeinsame Last zu übernehmen. Schließlich ist eine Beziehung kein One-way-Vergnügen, bei dem eine Person verliert und die andere gewinnt.
4. Delegieren lernen: Nehmen wir mal an, eine Person ist es gewohnt, ständig alleine den Mental Load für beide zu tragen. Dann fällt es ihr unter Umständen auch nicht leicht, Dinge abzugeben und nicht gleichzeitig auch noch mitzudenken. Deshalb ist es gerade für die Übergangszeit wichtig, delegieren zu lernen und Aufgaben abgeben zu können. Vertrauen spielt hier eine wichtige Rolle.