Minimalismus: Macht weniger glücklich?

Wohnzimmer nach skandinavischem Vorbild minimalistisch mit einem Stuhl und Tisch eingerichtet
Minimalismus ist die bewusste Beschränkung auf ein Minimum (Symbolbild: Getty Images)

Minimalismus steht ganz klar im Gegensatz zum ständigen Konsum und Überfluss unserer Zeit. Das ist aber auch genau der Grund, weshalb sich manche Menschen für einen minimalistischen Lebensstil entscheiden. Nach dem Motto "Weniger ist mehr" lösen sie sich von Dingen, die völlig unnötig sind, und beschränken sich auf das Wesentliche. Das Ziel: Mit einem einfacheren Leben zufriedener und glücklicher zu werden. Doch ist das tatsächlich so? Macht Minimalismus glücklich?

Zwei Autos, drei Häuser, zwanzig Paar Schuhe und Unmengen an Porzellangeschirr – braucht es all das wirklich? Wenn es nach denjenigen geht, die ein minimalistisches Leben führen, nein. Von der Abkehr der Konsumkultur versprechen sich Minimalisten ein glücklicheres Leben und eine gesündere Psyche. Doch ist das wirklich der Fall: Macht weniger glücklich? Das sagen Studien.

Was ist Minimalismus?

Minimalismus ist das Gegenteil von Materialismus. Denn während Materialisten sich über ihren Besitz definieren und immer mehr erwerben, womit sie in der Gesellschaft prahlen können, beschränken sich Minimalisten bewusst nur auf das Wesentliche. Ein Nein zur Überflussgesellschaft, ein Ja zu einem glücklichen Leben. Zumindest ist es das, was sich Minimalisten von einem bewussten Lebensstil erhoffen. Es geht also darum, eine reduzierte Anzahl von Dingen zu besitzen und sich darauf zu besinnen, was man wirklich im Leben braucht. Natürlich ist das auch eine Auslegungssache. Denn was für den einen wichtig ist, kann für den anderen unwichtig sein. Es macht natürlich auch einen großen Unterschied, ob man sich selbst für eine minimalistische Lebensweise entscheidet, oder ob man aufgrund der Lebensumstände dazu gezwungen wird und es sich anders gar nicht leisten könnte. Jeder muss seinen minimalistischen Lebensstil also selbst definieren und umsetzen.

Macht Minimalismus glücklicher?

Dieser Frage sind auch viele Forschende nachgegangen. Eine Meta-Analyse von 23 Studien zum Thema Minimalismus und Wohlbefinden, die im "Journal of Positive Psychology" veröffentlicht wurde, bestätigt eine Verbindung zwischen einem bewusst einfachen Leben und einem gesteigerten Wohlbefinden. Das Team um Joshua Hook von der University of North Texas stellte fest, dass mehr als 80 Prozent der untersuchten Studien eine positive Korrelation zwischen Minimalismus und einem höheren Wohlbefinden aufzeigten. Die Forscher vermuten, dass ein minimalistischer Lebensstil zu mehr Glück führt, weil die Menschen, die bewusst leben, in der Lage sind, ihre Konsumwünsche besser zu kontrollieren. Dadurch beschäftigen sie sich vermehrt mit den psychologischen Bedürfnissen, die zur persönlichen Entwicklung beitragen, und es fällt ihnen leichter, diese zu erfüllen.

Clothes hanger with dresses in the woods. Concept for organic, recycled clothes and eco-friendly, ecological fashion.
Ein minimalistischer Kleiderschrank kann glücklicher machen als ein vollgestopfter Schrank (Symbolbild: Getty Images)

Dass eine Sache oft glücklicher machen kann als viele, zeigt auch ein Experiment der Hong Kong University of Science and Technology, an dem 300 Personen teilnahmen. Einige Teilnehmer wurden gebeten, ihr Lieblingskleidungsstück aus ihrem Kleiderschrank detailliert zu beschreiben, während andere alle Kleidungsstücke aus ihrem Schrank auflisten sollten. Das Ergebnis, zu dem Jingshi Liu und ihre Kollegen kamen: Diejenigen, die sich nur auf ihr Lieblingsstück konzentrierten, waren anschließend messbar zufriedener. Dieser Effekt wurde auch in einer Umfrage kurz nach Heiligabend beobachtet. Wenn die Teilnehmer an ihr liebstes Geschenk dachten, waren sie glücklicher als zum Zeitpunkt, an dem sie an alle erhaltenen Weihnachtsgeschenke denken sollten.

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Wenn es also um unser psychisches Wohlbefinden geht, sind Luxusgüter nicht unbedingt die beste Investition. Zahlreiche Studien zeigen, dass Erfahrungen im direkten Vergleich zu materiellen Besitztümern deutlich mehr Zufriedenheit bringen. Ob es sich um Reisen, gemeinsames Kochen oder Kinobesuche handelt, all diese Erlebnisse scheinen stärker zum Wohlbefinden beizutragen als der Besitz von Schmuck, Designerkleidung oder einem teuren Smartphone.

Minimalismus macht nicht jeden glücklich

Eine weitere spannende Erkenntnis aus der Meta-Analyse der oben genannten 23 Studien: Die Verbindung zwischen Minimalismus und Lebenszufriedenheit trifft nicht auf alle zu und ist besonders bei Menschen mit niedrigerem Einkommen stark ausgeprägt. Leute mit mehr Geld scheinen im Minimalismus dagegen keine Zufriedenheit zu finden. Das hat einen einfachen Grund: Menschen mit höherem Einkommen gewöhnen sich oft schnell an einen gewissen Lebensstandard, weshalb es ihnen vermutlich schwerer fällt, mit weniger Konsum auszukommen und dabei wirklich Glück zu empfinden.

Tipps für ein bewussteres Leben

Minimalistisch zu leben bedeutet, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Das heißt aber nicht, dass du deine Wohnung kündigen und in einem Wohnwagen leben musst. Jeder kann seinen Konsum etwas zurückschrauben, ohne dabei auf alles verzichten zu müssen. Frag dich bei zukünftigen Anschaffungen, ob du diese Dinge wirklich brauchst oder ob du sie dir nur holst, weil du mit den anderen in unserer Konsumgesellschaft mithalten möchtest. Eine größere Wohnung ist in manchen Fällen, beispielsweise, wenn man seine Familie vergrößert, auch wirklich notwendig. Entscheidest du dich für die größere Wohnung aber nur deshalb, weil du endlich ein Einkleidezimmer haben möchtest, dann erübrigt sich die Frage nach der Notwendigkeit von selbst.

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Ein bewussterer Umgang mit Konsum macht uns auf Dauer also insgesamt zufriedener und schont nebenbei auch noch die Umwelt. Beim Minimalismus geht es nicht nur um die Anschaffung materieller Dinge. Es lohnt sich auch darüber nachzudenken, ob du die U-Bahn oder das Auto für eine Strecke wirklich benötigst, die du auch zu Fuß zurücklegen könntest. Anstatt ständig ins Restaurant zu gehen oder beim Lieferdienst zu bestellen, solltest du öfter mal selbst kochen und auch häufiger auf Fleisch verzichten. Miste deinen Kleiderschrank aus und frage dich, ob du die 121 Kleider wirklich brauchst. Und auch in puncto Energie kannst du bewusster leben, indem du auch mal die Lichter in den Räumen ausschaltest, in denen sich niemand befindet, oder auch mal den Stecker bei den Geräten ziehst, die du gerade nicht benötigst, statt sie im Standby-Modus zu lassen.

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