Ohrenschmerzen: Welche Hausmittel helfen und wovon ein HNO-Arzt dringend abrät
Ohrenschmerzen können ganz schön schmerzhaft sein. Nicht immer müssen sie mit Medikamenten behandelt werden. Doch welche Hausmittel sind wirklich empfehlenswert und von welchen sollte man lieber die Finger lassen? Ein Experte klärt auf. Die gute Nachricht: Es gibt Alternativen. Vor einem aktuellen TikTok-Trend warnt der Mediziner jedoch. Außerdem verrät er, mit welchem einfachen Test du selbst eine Diagnose stellen kannst.
Ohrenschmerzen: Das sind die Ursachen
Warum sind Ohrenschmerzen eigentlich so schlimm?
Außenohrentzündung: Ohren reinigen ist wichtig!
Die effektivsten Hausmittel gegen Ohrenschmerzen
Ohrenschmerzen: Zwiebelpackung auflegen – ja oder nein?
Ohrenkerzen: Bitte nicht benutzen!
Ohrenschmerzen: Wann sollte man zum Arzt?
Bester Tipp gegen Ohrenschmerzen
Dein Ohr tut höllisch weh, wenn du von außen draufdrückst? Oder du kannst nur unter Schmerzen einen Druckausgleich machen? Ohrenschmerzen sind nicht gleich Ohrenschmerzen. Je nachdem, welche Symptome du hast, kann es sich entweder um eine Außen- oder Mittelohrentzündung handeln. Doch sollte man bei Ohrenentzündungen wirklich mit Hausmitteln herumexperimentieren? Wir haben mit einem HNO-Arzt gesprochen, der uns verraten hat, was tatsächlich gegen die Schmerzen hilft und wie du dich einfach selbst diagnostizieren kannst.
Ohrenschmerzen: Das sind die Ursachen
Bevor man sich überhaupt dazu entschließt, Hausmittel in Betracht zu ziehen, sollte man erst herausfinden, woher die Ohrenschmerzen kommen. "Man muss unterscheiden zwischen einer Außenohrentzündung, auch Bade– oder Schwimmotitis genannt, die den äußeren Gehörgang betrifft, und einer Mittelohrentzündung, bei der das Mittelohr betroffen ist", sagt Dr. Bernhard Junge-Hülsing, Landesvorsitzender vom Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. in Bayern.
Der Mediziner erklärt auch, wie man ganz einfach selbst herausfinden kann, welcher Teil des Ohrs tatsächlich betroffen ist: "Wenn man außen draufdrückt und es tut weh, dann ist es eine Außenohrentzündung oder Badeotitis. Wenn man keinen Druckausgleich machen kann, also nicht Luft durch die Nase ins Ohr pusten kann – oder nur unter schweren Schmerzen – dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Mittelohrentzündung."
Warum sind Ohrenschmerzen eigentlich so schlimm?
Es fühlt sich an, als würde jemand mit einer Stecknadel in dein Ohr stechen, und dein ganzer Kopf dröhnt? "Ohrenschmerzen können wahnsinnig schmerzhaft sein, weil das Ohr im Wesentlichen von vier großen Nerven versorgt wird, die viele verschiedene Funktionen haben", sagt der Mediziner aus Starnberg. Das Ohr werde unter anderem vom Nervus vagus, dem Schluck- und Hustennerv, und dem Nervus trigemnius, dem großen Gesichts- und Gefühlsnerv, innerviert. "Deshalb ist es auch manchmal so, dass man husten muss, wenn man sich das Ohr putzt", erklärt der HNO-Arzt. Bei Ohrenschmerzen sei es deshalb auch so, dass sie in den Hals, den Kopf oder die Zähne ausstrahlen können.
Außenohrentzündung: Ohren reinigen ist wichtig!
"Bei einer Außenohrentzündung ist das Allerwichtigste, dass man das Ohr putzt", sagt Dr. Junge-Hülsing. Deshalb rät der HNO-Arzt auch dazu, sich die Ohren im besten Fall schon vor dem Urlaub oder einem Badeausflug reinigen zu lassen. In Ufernähe kann das Wasser – vor allem am See, wo es keinen Wellengang gibt – ziemlich dreckig sein. Und dann schwimmen darin auch jede Menge Bakterien, Sonnenöl und menschliche Keime herum. "Zum einen Staphylokokken, zum anderen auch Fäkalbakterien, weil die Babys da auch gerne mal reinkacken", erklärt der Arzt. Staphylokokken verursachen typischerweise Hautinfektionen, aber auch Lungenentzündungen.
Ohren richtig reinigen: Das solltest du auf keinen Fall verwenden
Auch Enterkokken könnten sich im Wasser befinden – und die führen im schlimmsten Fall zu Harnwegsinfektionen oder einer Endokarditis, einer Entzündung der Herzinnenhaut. "Wenn man viel Dreck im Ohr hat, können sich diese Keime dort festsetzen. Dann quillt das Ohrenschmalz auf und die Entzündung wird stärker", erklärt Junge-Hülsing. Bei einem sauberen Ohr hingegen passiere das seltener, weil die Keime besser abfließen können. Der Mediziner empfiehlt, die Ohren von einem HNO-Arzt reinigen zu lassen, vor allem, wenn man außen draufdrückt und es wehtut.
Die effektivsten Hausmittel gegen Ohrenschmerzen
Doch was, wenn man gerade nicht die Gelegenheit hat, zum Arzt zu gehen, weil man sich im Urlaub befindet? Gibt es irgendwelche Hausmittel, die helfen können? Die gibt es in der Tat. Die Antwort ist so einfach wie effektiv: Alkohol und zwar hunderprozentiger – mit einem Alkoholgehalt von mindestens 70 Prozent! Alkohol verflüssigt laut dem Experten Ohrenschmalz und hilft dabei, das Ohr zu reinigen. Einfach ein paar Tropfen davon ins Ohr träufeln.
Ebenfalls effektiv sei es, die Ohren mehrmals mit sauberem Wasser zu spülen. "Man kann auch das Ohr nach hinten hochziehen und vorsichtig mit dem Duschkopf telefonieren", so der Mediziner. Was aber, wenn all das Spülen und Tropfen von Alkohol nicht hilft? "Dann kommt man nicht um Ohrentropfen herum", sagt Dr. Junge-Hülsing. Die enthalten in der Regel entweder Ciprofloxacin oder Gentamicin. "Es sollte am besten Ciprofloxacin mit Kortison sein. Das ist nun gar kein Hausmittel, aber das braucht man, wenn man dazu neigt eine Badeotitis zu bekommen, vor allem jetzt am Anfang der Badesaison", so der HNO-Arzt.
Zum Schutz vor einer Badeotitis könne man auch Babyöl benutzen, so der Mediziner. Doch hier ist Vorsicht geboten: Das Öl muss lauwarm sein, nicht heiß, bevor man davon ein paar Tropfen ins Ohr gibt. Heißes Öl kann nämlich zu schlimmen Verbrennungen führen. "Wenn man Probleme beim Baden oder Tauchen hat und das Ohr gereinigt hat, dann kann man versuchen, mit Olivenöl, Maiskeimöl oder Babyöl den Gehörgang zu schützen."
Ohrenschmerzen: Zwiebelpackung auflegen – ja oder nein?
"Die ist fürs Mittelohr. Die HNO-Ärzte sehen das zum Teil sehr kritisch. Es gibt viele Kollegen, die das total ablehnen", sagt Dr. Junge-Hülsing. "Aber immer, wenn sich ein Hausmittel so lange hält, dann scheint es zu helfen. Wenn es totaler Quatsch wäre, dann würde es ja nicht von Generation zu Generation, von Großmutter zu Tochter, weitergegeben werden."
Der Mediziner warnt aber auch hier davor, das Zwiebelsäckchen zu heiß zu machen. Es sollte warm sein. "Die Zwiebeldüfte scheinen den Schleim hinter dem Trommelfell zu verflüssigen", erklärt der HNO-Arzt. "Somit wirken sie zum einen wie ein leichtes Lokalanästhetikum, das etwas betäubt, und nehmen einem die Schmerzen, und zum anderen ziehen sie den Schleim aus dem Ohr."
Ohrenkerzen: Bitte nicht benutzen!
Sich eine Kerze ins Ohr zu stecken und anzuzünden, um anschließend das Ohrenschmalz herausziehen zu können – klingt an sich schon gefährlich. Trotzdem schwören jede Menge Leute drauf. Vor allem auf TikTok kursiert der Ohrenkerzen-Trend und wird als besonders effektiv zur Reinigung beschrieben, weil das Ohr durch den Unterdruck, der entsteht, angeblich von Unreinheiten und Giften befreit wird. Über die Wirkung kann gestritten werden, doch der HNO-Arzt warnt: "Von Ohrenkerzen raten wir dringend ab, weil es da immer wieder zu Gehörgang– oder Trommelfellverletzungen kommt."
Bei akuten Infekten ist auch Rotlicht nicht besonders sinnvoll. "Damit brütet man die Bakterien wie die kleinen Ferkel – und die vermehren sich dann eher", so der Experte. Rotlicht könne bei Knochenveränderungen helfen, wenn man beispielsweise eine Arthrose hat. "Bei vermuteten bakteriellen oder viralen Infekten hilft Rotlicht überhaupt nicht", sagt Dr. Junge-Hülsing.
Ohrenschmerzen: Wann sollte man zum Arzt?
"Wenn man nur leichte Schmerzen hat, dann kann das auch nur eine Begleiterscheinung vom Schnupfen sein", sagt der Ohrenarzt. "Und wenn die Entzündung in ein oder zwei Tagen weg ist und man kein hohes Fieber hat, dann kann man es auch mal mit Schmerz- und Hausmitteln versuchen." Bei einer Mittelohrentzündung könne auch Nasenspray helfen, weil der Druckausgleich über die Eustachische Röhre verlaufe, die den Nasenrachen mit dem Mittelohr verbindet.
Tipp: Nach dem Schwimmen nicht direkt Kopfhörer nutzen
Bei hohem Fieber sollte man auf jedem Fall zum Arzt gehen. Bakteriengifte können manchmal auch das Innenohr, die Hörschnecke, schädigen. "Deshalb sollte man auch unbedingt zum Arzt, wenn man schlecht hört oder wenn man Schwindel hat", so Junge-Hülsing.
Bester Tipp gegen Ohrenschmerzen?
"Man sollte prüfen, ob man Allergien hat", rät der Mediziner. "Menschen, die Allergien haben, haben auch viel öfter Außenohrentzündungen, weil die Haut da einfach trockener ist", so der HNO-Arzt zur Erklärung. "Wenn man in der Pollenflugzeit einen dicken Schnupfen hat, dann fällt nicht nur die Nase zu, sondern auch die Ohrtrompete und dann neigt man zu Ohrtrompetenbelüftungsstörungen. Es entsteht ein Druck auf dem Ohr und man hört weniger." Laut dem HNO-Arzt seien Allergien als Ursache für Ohrenschmerzen gar nicht so ungewöhnlich: "Rund 40 Prozent der Bevölkerung hat Allergien."
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