Oscar für "Period. End of Sentence": Warum die Auszeichnung für den Film über Menstruation so wichtig ist

Melissa Berton (Mitte links) und Rayka Zehtabchi (Mitte rechts) können selbst nicht glauben, dass ein Kurzfilm über Menstruation einen Oscar gewonnen hat. (Bild: AP Images)
Melissa Berton (Mitte links) und Rayka Zehtabchi (Mitte rechts) können selbst nicht glauben, dass ein Kurzfilm über Menstruation einen Oscar gewonnen hat. (Bild: AP Images)

Die Kurzdoku “Period. End of Sentence” hat bei den Oscars 2019 in der Kategorie “Bester Dokumentar-Kurzfilm” einen Goldjungen abgeräumt. Der Oscar für einen Film über das Tabuthema weibliche Hygiene in Indien ist nicht nur ein wichtiges Symbol für die Debatte in dem Land, sondern setzt auch ein Zeichen gegen die in dem Land herrschende institutionalisierte Frauenfeindlichkeit.

Zwar gehört der Oscar in der Kategorie “Bester Dokumentar-Kurzfilm” nicht zu den aufsehenerregendsten der alljährlichen Verleihung der Academy Awards – und dennoch setzt der Gewinn von “Period. End of Sentence” ein besonderes Zeichen. “Ich weine nicht, weil ich menstruiere oder so! Ich kann nicht glauben, dass ein Film über Menstruation einen Oscar gewonnen hat!”, erklärte die 25-jährige iranisch-amerikanische Regisseurin der Kurzdoku Rayka Zehtabchi in ihrer Rede, als sie einen Oscar für ihr Werk in den Händen hält.

And the Oscar goes to…: Alle Gewinner des Abends

Dieser Kommentar macht deutlich: Mit der Auszeichnung des Films hat sich die Oscar-Jury endlich einmal für einen Dokumentarfilm entschieden, der für rund die Hälfte der Weltbevölkerung von echter gesellschaftlicher Relevanz ist. Dazu kommt: Rayka Zehtabchi ist die erste iranisch-amerikanische Frau überhaupt, die je einen Oscar gewonnen hat.

Regisseurin Rayka Zehtabchi sammelte für ihre Doku Stimmen aus der ländlichen Bevölkerung Indiens. (Bild: AP Images)
Regisseurin Rayka Zehtabchi sammelte für ihre Doku Stimmen aus der ländlichen Bevölkerung Indiens. (Bild: AP Images)

Bindenfabrik rettet Inderinnen doppelt

Der von Netflix produzierte und ausgestrahlte Film “Period. End of Sentence” behandelt ein Thema, das lange als Tabu galt: die weibliche Menstruation. Die Kurz-Doku, die im Deutschen den sperrigen Titel “Stigma Monatsblutung” trägt, erzählt in 25 Minuten die Geschichte von einer Gruppe von Frauen im indischen Distrikt Hapur, 60 Kilometer entfernt von Indiens Hauptstadt Delhi. Die Frauen arbeiten in einer kleinen Fabrik, die Binden herstellt. Mit ihrer Arbeit in der Fabrik gewinnen die Frauen doppelt: Durch ihren Verdienst werden sie finanziell unabhängig, mit den erwirtschafteten Produkten gleichen sie den weitverbreiteten Notstand an weiblichen Hygieneartikeln in Indien aus.

Herbe Enttäuschung: Spike Lee ist empört über “Green Book”-Oscar

Doku “Period” ist von gesellschaftlicher Relevanz

“Period. End of Sentence” ist jedoch viel mehr als nur ein Film, der das Tabuthema Menstruation und weibliche Hygiene endlich auf den Tisch bringt. Regisseurin Rayka Zehtabchi sammelt für ihre Doku vor allem Stimmen aus dem ländlichen Indien und deckt damit sowohl die institutionalisierte Frauenfeindlichkeit auf, die in Indien herrscht, als auch die fehlende Information über ein gesellschaftlich relevantes Thema wie die weibliche Monatsblutung. Einige der befragten Männer glauben, es handle sich bei der Menstruation um eine Krankheit.

“Period. End of Sentence” trägt in Deutschland den Netflix-Titel “Stigma Monatsblutung”. (Bild: Netflix)
“Period. End of Sentence” trägt in Deutschland den Netflix-Titel “Stigma Monatsblutung”. (Bild: Netflix)

“Period” ist außerdem ein Film über eine Religion, in der menstruierende Frauen als schmutzig gelten, was dazu führt, dass sie während ihrer Periode den Tempel nicht betreten dürfen und junge Mädchen die Schule wegen Stigmatisierung abbrechen, sobald sie erstmals ihre Periode bekommen. Darüber hinaus legt “Period” die patriarchalen Strukturen in der indischen Gesellschaft offen, in der Frauen kaum Rechte und überhaupt nur eine geringe gesellschaftliche Relevanz haben.

Im besten Fall löst die Kurz-Doku “Period. End of Sentence” nicht nur in Indien eine Debatte und eine Veränderung im Umgang mit dem Tabuthema Menstruation aus – schließlich ist das Land nicht das einzige, in dem das Thema ein Tabu ist, in dem Religion die Monatsblutung verdammt und in dem patriarchale Strukturen Frauen unterdrücken.

Mehr zu den Oscars 2019: