Welche Körperteile im Laufe der Menschheit überflüssig wurden

Im Laufe der Evolution sind einige Körpermerkmale zurückgeblieben, die wir eigentlich nicht mehr brauchen

Im Laufe der Evolution mussten unsere Körper immer wieder neue Anforderungen erfüllen. Dabei sind einige Merkmale zurückgeblieben, die wir eigentlich nicht mehr brauchen. (Foto: Getty Images)
Im Laufe der Evolution mussten unsere Körper immer wieder neue Anforderungen erfüllen. Dabei sind einige Merkmale zurückgeblieben, die wir eigentlich nicht mehr brauchen. (Foto: Getty Images)

Die Menschheit hat sich im Laufe der Evolution ganz schön verändert und das bedeutet nicht nur, dass wir uns von ziemlich haarigen zu eher nackten Affen entwickelt haben, die ihre Zeit eher vor Computerbildschirmen als auf Bäumen verbringen.

Wir teilen tatsächlich gemeinsame Vorfahren mit allen Lebewesen, die es auf der Erde gibt oder gab, also sowohl mit den Fischen als auch Vögeln, Reptilien bis hin zu den Mikroorganismen. Dabei bedeutet Evolution entgegen weitverbreiteter Annahmen nicht unbedingt eine Kurve nach oben oder unten, sondern eine wertfreie Anpassung von Lebewesen an ihre Umgebung. Dass der moderne Mensch ein Upgrade gegenüber seinen vorherigen Entwicklungsstadien darstellt, ist eine Bewertung, die er selbst vorgenommen hat.

Fest steht: Bis zu unserem Aussterben (ein Schicksal, das bereits 99,9 Prozent aller jemals entstandenen Arten ereilt hat) werden wir uns immer weiter verändern und an unsere Umwelt anpassen.

Kein Wunder, dass bei diesem schon 3,5 Milliarden Jahre andauernden Prozess immer wieder Merkmale unseres Körpers ihre Funktion verlieren. Trotzdem sind teilweise noch heute Überbleibsel dieser faszinierenden Veränderungen in unserer Anatomie zu finden. Wir haben hier ein paar Körperteile zusammengestellt, die manchmal sogar die Wissenschaft vor Rätsel stellen, für was sie wohl einmal gut gewesen sind.

Die meisten Menschen haben in ihren Kiefern keinen Platz mehr für Weisheitszähne. In der Vergangenheit waren die Extra-Kauwerkzeuge aber überlebenswichtig. (Foto: Getty Images)
Die meisten Menschen haben in ihren Kiefern keinen Platz mehr für Weisheitszähne. In der Vergangenheit waren die Extra-Kauwerkzeuge aber überlebenswichtig. (Foto: Getty Images)

Bei den Weisheitszähnen ist man sich relativ einig, welchen Zweck sie einmal erfüllten: Weil unsere Vorfahr*innen keine ausreichende Mundhygiene betreiben konnten, hatten unsere Körper noch ein paar Reservezähne in petto, die sich erst später im Leben ausbildeten und für ausgefallene Exemplare einspringen konnten.

Leider haben sich inzwischen unsere Kiefer drastisch verändert und nur noch 5 Prozent der Menschen haben überhaupt Platz für die Extra-Beißer. Alle anderen müssen sie sich entfernen lassen – oder gehören zu den 20 Prozent der Bevölkerung, die gar keine Weisheitszähne mehr entwickeln.

Mysteriöser sind da schon die Nasennebenhöhlen. Denn diese Kammern, die sich so gerne entzünden, erfüllen eigentlich keinen erkennbaren Zweck. In der Forschung spekuliert man, ob sie für die Stimmbildung relevant sind, ob sie einst als Airbag für Stürze und Schläge dienten, oder ob sie Stickstoffmonoxid zur Lungenreinigung produzieren. Um ihren Zweck zu erkennen, bräuchte man Menschen ohne Nebenhöhlen – und die gibt es nicht.

Lange Zeit hielt man den Wurmfortsatz am Blinddarm für ein reines Überbleibsel aus einer Zeit, in der wir einen anderen Körperbau hatten. Inzwischen haben Forscher*innen festgestellt, dass die kleine Kammer als Bakteriendepot dienen könnte, das die Darmgesundheit und damit das gesamte Immunsystem unterstützt.

Als unsere Vorfahr*innen noch auf Ästen herumturnten, half ihnen ein Schwanz dabei, das Gleichgewicht zu halten. Inzwischen sind davon nur noch fünf kleine Wirbel übrig, die allerdings durchaus noch ihren Zweck erfüllen. So halten sie als Ankerpunkt diverse Muskeln und Bänder des Rückens und im Becken.

Früher praktisch, heute hauptsächlich in Gefahr, irgendwo angestoßen zu werden: der kleine Zeh. (Foto: Getty Images)
Früher praktisch, heute hauptsächlich in Gefahr, irgendwo angestoßen zu werden: der kleine Zeh. (Foto: Getty Images)

Ebenfalls aus den Klettertagen haben wir von unseren Ahn*innen den kleinen Zeh geerbt. Seit wir mit unseren Füßen keine Äste mehr umklammern müssen, ist er eigentlich überflüssig und wir kämen auch ohne ihn zurecht.

Aus noch weiter zurückliegender Vergangenheit stammt die Nickhaut, die man sehen kann, wenn man die Augenlider auf der Innenseite nahe der Nase auseinanderzieht. Dieses dritte Augenlid haben vor allem Reptilien und Vögel, um das Auge zu schützen, zu befeuchten und sauber zu halten. Der Mensch hat dafür keine Verwendung mehr.

Manche Menschen können ihr Ohr noch mit Muskelkraft bewegen. Bringen tut ihnen das wenig. (Foto: Getty Images)
Manche Menschen können ihr Ohr noch mit Muskelkraft bewegen. Bringen tut ihnen das wenig. (Foto: Getty Images)

Wer mit den Ohren wackeln kann, hat ihn noch: den hinteren Ohrmuskel. Wie viele andere Tiere konnten auch unsere Vorfahr*innen ihre Ohren per Muskelkraft ausrichten. Diese Funktion ist im Laufe der Evolution für den Menschen aber nach und nach weniger wichtig geworden und ein gut drehbarer Kopf hat sich für unsere Gehöransprüche als völlig ausreichend erwiesen. Deswegen bilden einige Menschen diesen Muskel gar nicht mehr aus.

Die Wirkung des Haaraufrichtemuskels ist heute sicher deutlich weniger beeindruckend als bei unseren Vorfahr*innen. (Foto: Getty Images)
Die Wirkung des Haaraufrichtemuskels ist heute sicher deutlich weniger beeindruckend als bei unseren Vorfahr*innen. (Foto: Getty Images)

Was uns eine kleine Gänsehaut verursacht, lies unsere haarigen Verwandten in der Vergangenheit größer und gefährlicher aussehen. Das Aufplustern des Fells war eine wichtige Überlebensstrategie, um Konfrontationen durch bloße Einschüchterung zu beenden, bevor sie körperlich wurden. Heute schlagen wir mit unserem musculus arrector pili niemanden mehr in die Flucht. Die Härchen auf unserem Körper richtet er in manchen Situationen trotzdem noch fleißig auf.