10 interessante Fakten über den Jakobsweg
Was du noch nicht über den Jakobsweg wusstest
Einst fristete der Jakobsweg ein tristes Dasein, kaum ein Mensch machte sich auf die beschwerliche Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Doch spätestens mit Beginn des 21. Jahrhunderts ist der Camino de Santiago aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und meldet von Jahr zu Jahr neue Pilgerrekordzahlen.
Spätestens seit Hape Kerkeling seinen Bestseller "Ich bin dann mal weg" über seine Pilgerreise auf dem Camino Francés veröffentlicht hat, ist der Jakobsweg auch in Deutschland vielen Menschen ein Begriff. Seitdem erfreut sich der Pilgerweg mit dem Ziel Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens von Jahr zu Jahr immer größerer Beliebtheit. Unzählige Bücher wurden geschrieben, zahlreiche Filme gedreht. Im Jahr 2023 konnte man in Santiago einen neuen Pilgerrekord vermelden und ein Ende des Pilgerbooms ist derzeit nicht zu erkennen.
Wir haben zehn interessante Fakten gesammelt, um den Camino de Santiago, wie der Jakobsweg in Spanien genannt wird, etwas näher zu bringen.
Es gibt nicht DEN Jakobsweg
Spricht man in Deutschland über den Jakobsweg, dann geht es in den allermeisten Fällen um den Camino Francés. Aber eigentlich gibt es DEN einen Jakobsweg gar nicht. Vielmehr handelt es sich dabei um ein Netz von Pilgerwegen die sich durch ganz Europa ziehen. Alleine in Spanien und Portugal gibt es über ein Dutzend verschiedene Pilgerwege. Auch in Deutschland gibt es Jakobswege, die ihr Ziel, nachdem sie in andere Wege übergegangen sind, wie alle anderen Jakobswege in Santiago de Compostela finden. In der dortigen Kathedrale sollen sich die Gebeine des Apostel Jakobus befinden.
Der beliebteste Jakobsweg: der Camino Francés
Von den unzähligen Jakobswegen zählt der Camino Francés, der sich über knapp 800 km von Saint-Jean Pied de Port in den französischen Pyrenäen durch Nordspanien über Pamplona, Burgos, Leon und Astorga bis nach Santiago de Compostela zieht, mit Abstand als der beliebteste Camino. Von den 446.035 Pilgern die im Jahr 2023 in Santiago angekommen sind, kamen 219.787 über den Camino Francés nach Santiago. Allerdings gilt bei diesen Zahlen einiges zu beachten. Zum einen sind nur die Pilger darin enthalten, die bis nach Santiago gepilgert sind und sich dort auch beim Pilgerbüro gemeldet haben. Alle Pilger die nur Teilabschnitte absolviert oder sich nicht im Pilgerbüro gemeldet haben, sind in diesen Daten gar nicht erfasst. Und von den 219.787 Pilgern sind nicht alle den gesamten Weg von Saint-Jean Pied de Port bis nach Santiago gelaufen, sondern "nur" 88.658. Aber 131.129 Pilger haben ihre Reise in Sarria begonnen. Von dort sind es etwas mehr als 100 km bis nach Santiago. Diese Anzahl an Kilometer muss man mindestens gelaufen sein, um seine "Compostela" zu bekommen. Weitere Statistiken zum Jakobsweg finden sich auf der Webpage des Pilgerbüros in Santiago de Compostela.
Für Pilger unverzichtbar: der Credenzial
Was macht einen "richtigen" Pilger aus? Über diese Frage scheiden sich die Geister und eigentlich lässt sie sich auch nicht wirklich korrekt beantworten. Was ein Pilger aber für seine Reise auf dem Jakobsweg benötigt, ist sein Pilgerausweis, der so sogenannte Credenzial. Er macht den Wanderer zum Pilger und ist auch unerlässlich, will man auf seinem Weg nach Santiago in den Pilgerherbergen übernachten. Der Pilgerpass enthält die persönlichen Daten des Pilgers und wird von Tag zu Tag gefüllt mit Stempeln, oder Sello, wie man Spanien sagt. Die, sehr oft wirklich hübsch gestalteten, Stempel im Pilgerpass dokumentieren die gesamte Pilgerreise und machen den Credenzial zu einem einzigartigem Dokument und Erinnerungsstück. Den Pilgerpass kann man in Deutschland bei den Jakobsweg-Gesellschaften oder auf dem Weg selbst in Pilgerbüros, Kirchen oder auch vielen Herbergen bekommen.
Der Jakobsweg: Hier trifft sich die Welt
Es gibt kaum einen Ort auf der Welt, wo man so leicht Menschen aus vielen verschiedenen Länder der Welt kennenlernen kann, wie auf den Jakobswegen in Spanien. Zwar machen die Spanier fast die Hälfte all derer aus, die über den Camino nach Santiago pilgern, doch danach wird es sehr international.
Neben Spanien befinden sich unter den Top Ten der Pilgernationen Italien, Deutschland, USA, Portugal, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kanada und Südkorea. Aber auch aus Australien, Neuseeland, Südafrika oder Exoten wie Bhutan, Taiwan, Eritrea oder den Bahamas reisen Menschen nach Spanien, um dort ihre Pilgerreise anzutreten. Mittlerweile sind sogar mehr Pilgerinnen als Pilger unterwegs, 2023 waren 53 Prozent der Pilger, die sich in Santiago im Pilgerbüro angemeldet haben weiblich. Zum Vergleich: im Jahr 2012 betrug dieser Wert noch 42 Prozent.
Nicht nur des Glaubens wegen: Aus diesen Gründen gehen die Pilger den Jakobsweg
Eigentlich ist der Jakobsweg ein christlicher Pilgerweg, den man zunächst aus religiösen Gründen oder als Buße auf sich genommen hat. Doch mittlerweile gibt es die unterschiedlichsten Motivationen, die einen dazu bringen, einen Jakobsweg zu begehen. Zwar geben die allermeisten Pilger immer noch religiöse Gründe für ihre Pilgerreise an, doch mittlerweile sind auch sportliche, gesundheitliche oder kulturelle Gründe die Motivation. Und dann gibt es noch Pilger, die den Jakobsweg aktuell als Must have ansehen und den Camino "nur" gehen um ihn in den Sozialen Medien auszuschlachten und auf ihrer Bucketlist abzuhaken. Aber es gilt: Jeder darf den Weg aus dem Grund gehen, der für ihn der Richtige ist. Und für viele Pilger ändert sich die Motivation auch im Verlauf der Reise.
Urkunde für den erfolgreichen Jakobsweg: die Compostela
Wer nachweislich (man erinnere sich an die Stempel im Pilgerpass) mindestens die letzten 100 Kilometer zu Fuß oder die letzten 200 Kilometer mit dem Fahrrad oder dem Pferd auf dem Weg nach Santiago de Compostela absolviert hat, kann sich im Pilgerbüro eine kostenlose Urkunde abholen, die sogenannte Compostela. Dabei handelt es sich um ein in Latein geschriebenes Dokument, in dem der Name des Pilgers auf lateinisch eingetragen wird und die erfolgreich absolvierte Pilgerreise nach Santiago bestätigt. Diese bekommt man allerdings nur, wenn man religiöse Gründe für seine Pilgerreise genannt hat. Wer z.B. "nur" aus sportlichen oder kulturellen Gründen angegeben hat, der erhält eine andere Urkunde, ebenfalls auf Latein. Für einen kleinen Obolus kann man sich im Pilgerbüro auch noch eine Distancia ausstellen lassen. Darin wird der Name des Pilgers vermerkt, der Beginn und der Startort der Pilgerreise, sowie der Weg, welchen man gepilgert ist und die zurückgelegte Gesamtstrecke. Seit dem Mittelalter erhalten erkrankte Pilger. die den Camino Francés unmöglich beenden können, in der örtlichen Kirche von Villafranca del Bierzo, ca.180 Kilometer vor Santiago, eine "Gnadencompostela".
Egal ob Filme oder Bücher: der Jakobsweg ist ein Bestseller
Das heutzutage viele deutschen Pilger auf dem Jakobsweg unterwegs sind, ist zum ganz großen Teil Hape Kerkeling und seinem Buch "Ich bin dann mal weg" zu verdanken. Sein Bestseller über seine Pilgerreise auf dem Camino Francés brachte den Jakobsweg in die Erinnerung der Menschen zurück. Aber nicht nur Kerkelings Reisebericht sind bekannte Bücher über den Jakobsweg, auch das Buch "Auf dem Jakobsweg" von Paulo Coelho oder "Der Jakobsweg – eine spirituelle Reise" der amerikanischen Schauspielerin Shirley MacLaine verkaufen sich auch heute noch bestens. Auch zahlreiche Spiel- und Dokumentarfilme wurden über die verschiedenen Jakobswege gedreht. Mit der bekannteste dürfte der Film "Dein Weg" von Emilio Estevez sein, in dem sein Vater, Martin Sheen, die Hauptrolle übernahm. Dieser Spielfilm weckte die Neugier der US-Amerikaner auf den Jakobsweg, was erklärt, weswegen heutzutage so viele amerikanischen Pilger auf dem Camino Francés anzutreffen sind.
Ein Pfarrer erweckte den Jakobsweg in den 80ern aus seinem Dornröschenschlaf
Den Jakobsweg gibt es schon seit dem neunten Jahrhundert, doch viele Jahre lag er in einem Dämmerschlaf und kaum ein Pilger war auf ihm unterwegs. Dass sich heutzutage jährlich fast eine halbe Millionen Pilger auf den Weg nach Santiago machen, ist einem einzigen Menschen zu verdanken: Don Elias Valiña Sampedro. Ab 1984 fuhr der Pfarrer von O Cebreiro, einem Ort auf dem Camino Francés, mit seinem Wagen durch Nordspanien und markierte den Verlauf des Weges nach Santiago mit gelber Farbe, die er der Straßenbaumeisterei des spanischen Verkehrsministeriums abgerungen hat, denn sie war billig, wasserfest und in großen Mengen zu bekommen. Don Elías Valiña hat damit den gelben Pfeil ins Leben gerufen.
Als Valiña 1984 im spanischen Teil des Baskenlandes, damals verübte die Terrororganisation ETA noch zahlreichen Bombenanschläge, nachts unterwegs war, um den Weg mit den gelben Pfeilen zu markieren, wurde er von einer Streife der spanischen Guardia Civil entdeckt. Auf deren Frage, was er denn mitten in der Nacht im Grenzgebiet machen würde, antwortete Valiña "Ich habe eine große Invasion vorbereitet!".
Und diese große Invasion sollte nur wenige Jahre später beginnen. Im Heiligen Jahr 1993 machten die gelben Pfeile die erste große Massenpilgerung auf dem Jakobsweg möglich, dessen Beliebtheit seitdem immer größer wurde. Die Hauptroute des Jakobsweges in den spanischen Pyrenäen zählt bereits seit 1993 zum Welterbe der Menschheit. 1998 nahm die Unesco auch die französischen Pilgerstraßen nach Santiago in die Welterbeliste auf.
Valiña selbst durfte seine prophezeite Invasion nicht mehr erleben, er starb im Jahr 1989. Heute erinnern eine Büste und sein Grab in seiner alten Pfarrei O Cebreiro und ein großes Wandgemälde in seinem Geburtsort Sarria an den Erfinder des gelben Pfeiles.
Gelbe Pfeile und Muscheln weisen den Weg
Wer sich zum ersten Mal auf eine Pilgerreise begibt, fürchtet sich häufig davor, den Weg nicht zu finden und sich irgendwo zu verlaufen. Wen man den Camino allerdings mit einem aufmerksamen Augen läuft, ist dies allerdings fast nicht möglich, denn die Wege sind gut bis sehr gut ausgeschildert. Meist weist einem entweder ein gelber Pfeil oder eine Jakobsmuschel (das Symbol des Jakobspilgers, in welcher künstlerischen Form auch immer) den Weg. Ob auf einem Wegweiser, auf einem Stein, auf der Straße, am Baumstamm, einer Regenrinne, auf einer Mauer oder mit Steinen zusammengelegt, gelbe Pfeile oder eine Muschel zeigen, wo der Camino entlang geht. Hier und da muss man etwa genauer schauen, weil sich der Pfeil nicht direkt an einem Abzweig befindet oder leicht zugewachsen ist, aber schon nach kurzer Zeit lernt man, wo man Ausschau nach dem Wegweiser halten muss. Und sollte man sich dennoch mal verlaufen haben, helfen die Einwohner sehr gerne dabei, wieder auf den richtigen Weg zu kommen.
Santiago muss nicht das Ende sein
Zwar ist Santiago de Compostela das offizielle Ende des Jakobsweges, aber die Ankunft dort muss noch lange nicht das Ende der Pilgereise sein. Mittlerweile erfreuen sich die Wege nach Fisterra und/oder Muxia an der Westküste Spaniens immer größerer Beliebtheit. Bis nach Fisterra und Muxia sind es von Santiago aus jeweils noch mal knapp 90 Kilometer, die beiden Orte trennt dann noch einmal ein Weg von knapp 30 Kilometern. Vor allem das damals bekannte Ende der Welt, Finisterre, mit dem Sonnenuntergang am Leuchtturm, ist für viele Pilger zum perfekten Abschluss ihrer Pilgerreise geworden. Einige laufen dorthin, manche nehmen aber auch den Bus dorthin.
Wer die Strecke nach Fisterra und danach nach Muxia oder andersrum zu Fuß absolviert, kann sich in Fisterra ("Fisterana") und Muxia ("Muxiana") noch mal eine Urkunde abholen. Früher gab es in Finisterre am Leuchtturm die Tradition, ein Kleidungsstück, welches man auf seiner Pilgerreise dabei hatte, dort zu verbrennen. Da es aber in der Vergangenheit immer wieder zu Bränden kam, ist dieses Brauchtum mittlerweile verboten.
Sowohl Fisterra als auch Muxia haben einen 0-Kilometer-Stein und beanspruchen für sich, das wirkliche Ende des Jakobsweges zu sein. Aber letzten Endes ist das auch nur eine Mache, Touristen anzuziehen. Empfehlenswert ist der Fußmarsch von Santiago nach Fisterra oder Muxia aber auf alle Fälle.