Better Life: Atemtechniken um Ängste an stressreichen Tagen zu reduzieren
Stress und Ängste – unsere täglichen Begleiter, auf die wir alle sicherlich verzichten könnten. Jeden Tag soll man in welcher Form auch immer funktionieren. Zeit zum Durchatmen bleibt da oftmals kaum. Dabei sorgt gerade die richtige Atmung für die nötige Ruhe. Diese 5 Atemtechniken können an stressreichen Tagen die erhoffte Entspannung bringen.
Angst und Atmung sind eng miteinander verbunden. Denn Angst ist eigentlich der Auslöser des eigenen Alarmsystems. Dem Körper wird vermittelt: Achtung Gefahr, jetzt aber nichts wie weg hier!
Der Körper gerät unter Stress – eine angeborene Reaktion des Organismus auf diverse Anforderungen, in diesem Fall eine Gefahr, die es zu bewältigen gilt. Prozesse wie Kampf oder Flucht (Kampf-oder-Flucht-Reaktion) werden aktiviert.
Der Sympathikus bewirkt in diesen Situationen eine Leistungssteigerung. Der Körper setzt die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin frei, die dafür sorgen, dass der Blutdruck und der Blutzuckerspiegel steigen, das Herz schneller und stärker schlägt und sich die Bronchien erweitern, um mehr Sauerstoff aufnehmen zu können. Die Atmung wird beschleunigt, um den Körper schnell mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.
Im Alltag gibt es unzählige Stressauslöser (Stressoren) – die Ursachen für Stress und Ängste sind sehr unterschiedlich. Laut des Universitäts-Spital Zürich nennen Menschen als häufigste Ursache für Stress Zeitmangel, Termindruck, zu viele Aufgaben, ständige Erreichbarkeit und Doppelbelastungen in Beruf und Familie.
Langsame Atmung reduziert Angst und erhöht die Fähigkeit des Denkens
Atemübungen, vor allem solche, bei der eine kontrollierte Ausatmung im Vordergrund steht, aktivieren das parasympathische Nervensystem. Der Parasympathikus wird auch als Erholungs- oder Ruhenerv bezeichnet und stellt den Gegenpol zum Sympathikus dar.
Eine tiefe, kontrollierte Atmung mit verlängerter Ausatmung stimuliert den Vagusnerv, was zu einem Absinken der Herzfrequenz und des Blutdrucks führt. Bei regelmäßiger Anwendung kann das zu einem Gefühl der Ruhe und Entspannung führen.
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Scans des Gehirns haben zudem gezeigt, dass eine langsamere Atmung Angst reduziert und die Fähigkeit zu denken erhöht. Laut der klinischen Assistenzprofessorin für Psychiatrie am New York Medical College, Dr. Patricia Gerbarg, können Emotionen durch Atmung beeinflusst werden, indem die Signale, die ans Gehirn gesendet werden, geändert werden.
"Das Gehirn hört auf die Lunge, also hat die Art und Weise, wir wir atmen, einen enormen Einfluss auf die Funktionsweise des Gehirns in Bezug auf viele verschiedene Mechanismen", erklärt sie gegenüber TODAY.com.
Der ein oder die andere denkt jetzt bestimmt: Das kann ja alles nicht so schwierig sein. Atmen kann ich – mach ich ja jeden Tag! Aber es gibt durchaus einiges, was man beachten muss und einige Techniken, die vielleicht noch nicht einmal bekannt sind.
1. Lippenbremse – Die Grundlage aller Atemübungen
Lippenbremse klingt vielleicht nicht so sexy, ist aber eine der wichtigsten Selbsthilfetechniken für Menschen mit Atemwegserkrankungen. Diese Atemtechnik hilft, die Bronchien bei der Ausatmung zu stabilisieren.
Bei Kurzatmigkeit kann sie dafür sorgen, dass mehr Sauerstoff in die Lungen gelangt, sodass die Möglichkeit besteht, die eigene Atmung wieder besser zu kontrollieren. Dabei wird mehr alte, verbrauchte Luft ausgeatmet und somit der Druck in der Lunge reduziert.
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Bei der dosierten Lippenbremse werden die Lippen entspannt aufeinander gelegt. Die Einatmung erfolgt über die Nase. Bei der Ausamtung entweicht die Luft zwischen den Lippen durch die verengte Atemöffnung.
Hierbei sollte man versuchen, länger aus- als einzuatmen. Die Übung kann 5 bis 10 Mal wiederholt werden. Sollte man feststellen, dass man doch zu wenig eingeatmet hat und einem im worst case schwindelig wird, dann bitte die Übung abbrechen. Eine Ohnmacht ist auch keine Lösung!
2. Bauchatmung
Bei der Bauchatmung spielt das Zwerchfell eine entscheidende Rolle: Dieses liegt als kuppelförmige Platte unterhalb der Lunge und trennt die Brusthöhle von der Bauchhöhle.
So funktioniert die Bauchatmung: Beim Einatmen spannt sich das kuppelförmige Zwerchfell an. Das führt dazu, dass die Kuppel abflacht – der Brustraum vergrößert sich nach unten.
Jetzt sind die Lungenflügel an der Reihe; sie folgen der Ausdehnung, werden passiv gedehnt und saugen Außenluft an, die in die Lunge strömt. Während dieser Vorgänge verringert sich der Platz unterhalb des Zwerchfells und die Bauchorgane verlagern sich entsprechend. Die Folge: Die Bauchdecke hebt sich – daher auch der Name Bauchatmung. Im Allgemeinen werden Brust- und Bauchatmung miteinander kombiniert.
Bei der Ausatmung entspannt sich das Zwerchfell wieder. Der Brustraum wird wieder kleiner und die eingeatmete Luft wird aus den Lungenflügeln gepresst. Aber nicht vollständig: Selbst wenn man wie verrückt ausatmet und wirklich das Maximum gibt, bleibt immer etwas Luft in der Lunge zurück.
Neben der erfolgreichen Aufnahme von Sauerstoff hat die Bauchatmung noch weitere Vorteile: Sie soll die Verdauung anregen, die Durchblutung fördern und den Blutdruck senken.
3. Nadi Shodana – Die Wechselatmung
Kommen wir mal zu Atemübungen, die vielleicht weniger bekannt sind. Wobei die Yogis diese Übung sicherlich kennen werden: Nadi Shodana ist nämlich eine der bekanntesten Atemübungen im Yoga.
Sie wird unter dem allgemeinen Namen "Wechselatmung" praktiziert. "Wechseln" deshalb, weil die Atmung abwechselnd durch das linke und rechte Nasenloch erfolgt. Hier ist also etwas Koordination gefragt!
Bei Nadi Shodana atmet man durch ein Nasenloch ein, während man das andere zum Beispiel mit dem Daumen zuhält. Nach der Einatmung wird der Atem angehalten und beide Nasenlöcher zugehalten.
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Danach wird durch das Nasenloch, über das man nicht eingeatmet hat, ausgeatmet. Das ist eine Runde – je nach Bedarf kann man das 5 bis 10 Mal oder 10 Minuten lang wiederholen.
Eine Variante ist die Übung im Verhältnis 2:8:4 auszuführen. Dabei erfolgt die Einatmung 2 Sekunden lang, der Atem wird 8 Sekunden lang gehalten, ausgeatmet wird für 4 Sekunden. Und wem das zu kompliziert war, kann auch die einfache Version ausführen: Hier wird das Nasenloch der Wahl mit dem Daumen verschlossen und über das freie Nasenloch 5 Mal ein- und ausgeatmet. Das ganze dann noch einmal auf der anderen Seite und fertig.
4. 4-7-8 Atemtechnik
Die 4-7-8-Atemtechnik ist eine einfache Methode, um die Herzfrequenz zu senken und das Nervensystem schnell zu beruhigen. Die Übung kann im Sitzen oder Liegen ausgeführt werden.
Bei dieser Methode wird eine Hand auf den Bauch gelegt und die andere auf die Brust. Während man tief und langsam für 4 Sekunden über die Nase einatmet.
Nach der Geschichte mit der Wechselatmung kann man vielleicht erahnen, was jetzt kommt: Die Luft wird angehalten – und zwar für 7 Sekunden. Im Anschluss wird 8 Sekunden lang ausgeatmet und versucht, die ganze Luft aus der Lunge zu bekommen. Die Übung kann mehrmals im Lauf des Tages angewendet werden.
5. Bhramari – Das Bienensummen
Bhramari ist eine Atemübung, bei der man ausatmet und dabei summt. Das soll dann wie Bienensummen klingen – auch wenn das vielleicht eher ein Gerücht oder Wunschdenken ist.
Durch das Summen entsteht in allen Resonanzkörpern des Körpers – vor allem aber in Kopf, Nacken und Brustraum – eine starke Vibration. Das soll dazu führen, dass das Gewebe besser durchblutet wird.
Folgendes ist bei der Ausübung dieser Atemtechnik zu beachten: Im ersten Schritt werden die Ohren sanft mit den Daumen verschlossen. Nicht volle Möhre in den Gehörgang drücken – die Betonung liegt hier auf "sanft".
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Die Einatmung erfolgt über die Nase, die Ausatmung findet mit geschlossenem Mund und summend statt. Zugegeben: Diese Übung ist sicherlich gewöhnungsbedürftig. Lässt man sicher aber darauf ein, kann sie durchaus zur gewünschten Entspannung führen.
Diese Übung ist aber vielleicht weniger für den öffentlichen Raum gedacht und erst recht nicht, wenn man keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchte.
Fazit: Atemtechniken gegen Stress – aber keine Lösung bei Angststörungen
Es gibt viele Möglichkeiten, sich selbst mit beispielsweise Atemtechniken durch gelegentliche Anfälle von Angst oder negativem Stress zu manövrieren. Neben der richtigen Atmung ist Bewegung eine der besten Möglichkeiten, für das seelische und körperliche Wohlbefinden zu sorgen.
Wenn die Angst oder der Stress aber das Leben komplett einnehmen und die Lebensqualität beeinträchtigen, hat man es womöglich mit einer Angststörung zu tun oder ist zu viel Stress ausgesetzt. Diese Probleme kann man natürlich nicht mal eben weg atmen. Für die psychische Gesundheit kann es dann von Vorteil sein, Unterstützung zu suchen.
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