Better Life: Wie schädlich ist Pendeln – und was hilft?

Um zur Arbeit zu kommen, nehmen viele Menschen lange Wege in Kauf. In einer aktuellen Studie wurde nun untersucht, welche Auswirkungen Pendeln auf die Gesundheit hat.

Warten auf Bus oder Bahn gehört für viele Angestellte zum Alltag. (Bild: Getty Images)
Warten auf Bus oder Bahn gehört für viele Angestellte zum Alltag. (Symbolbild)

Wer Geld verdienen möchte, muss dafür in den meisten Fällen sehr viel Zeit aufwenden. Bei einer Vollzeitbeschäftigung sind das rund 40 Stunden die Woche, hinzu kommen Pausen, die oft nicht zu Hause verbracht werden können und für viele Arbeitnehmer auch lange Arbeitswege.

Laut einer Statista-Auswertung aus dem Jahr 2023 pendeln in Deutschland 32 Prozent der Menschen täglich 15 bis 29 Minuten, 23 Prozent nehmen Arbeitswege zwischen 30 und 59 Minuten in Kauf und fünf Prozent sogar 60 bis 119 Minuten, ein Prozent 120 Minuten und länger. Nur 19 Prozent schaffen den täglichen Arbeitsweg unter 15 Minuten und 20 Prozent pendeln gar nicht.

Koreanische Forschende untersuchten in einer aktuellen Studie, ob sich Pendeln negativ auf die psychische Gesundheit auswirkt. Befragt wurden 23.415 Personen im Alter von 20 bis 59 Jahren in Südkorea - dem Land übrigens, wo am meisten Menschen pendeln, rund 41%.

Infografik: Südkorea, Land der Bus- und Bahnpendler:innen | Statista
Infografik: Südkorea, Land der Bus- und Bahnpendler:innen | Statista

WHO-5 als Grundlage

Dafür nutzten die Studien-Autoren den sogenannten WHO-5-Wohlbefindens-Index, auch WHO-Five Well-Being Index, der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der WHO-5 wurde bereits 1998 entwickelt und ist ein kurzer, nur fünf Fragen umfassenden Fragebogen, mit dem das psychische Wohlbefinden schnell und präzise erfasst werden kann.

In dem Fragebogen sollen Teilnehmer mit einer Wertung zwischen 0 und 5 angeben, wie gut ihre Laune, Entspannung, Aktivität und Energie, Regenerationsfähigkeit durch Schlaf sowie Begeisterungsfähigkeit innerhalb der vergangenen zwei Wochen war.

Auch die Pendelzeiten wurden ermittelt und die Teilnehmenden danach in drei Gruppen eingeteilt: weniger als 30 Minuten, 31 bis 59 Minuten und mehr als 60 Minuten. Darüber hinaus wurden das Bildungsniveau, das monatliche Einkommen, die Wohnregion, das Geschlecht, der Familienstand, der Beruf und die wöchentliche Arbeitszeit zugrunde gelegt.

Depressive Symptome bei mehr als einem Viertel der Befragten

Bei der aktuellen Studie gaben 25,7 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwei Wochen depressive Symptome gehabt zu haben. "Depressive Symptome traten häufiger bei Teilnehmern mit höherem Alter, niedrigerem Bildungsniveau, geringerem Einkommen, Wohnsitz in kleineren Städten, Arbeiterjobs und längeren Arbeitszeiten auf. Die durchschnittliche Pendelzeit betrug 46,9 Minuten", so die Forscher in ihrem Bericht.

Bei denjenigen, die 60 Minuten und länger pendelten, waren die Angaben zu depressiven Symptomen signifikant höher.

Bei Männern war der Zusammenhang zwischen Pendelzeit und depressiven Symptomen deutlich schwächer, wenn sie verheiratet waren, zwei oder mehr Kinder hatten, als bei unverheirateten, kinderlosen, Angestellten oder Schichtarbeitern.

Mehr Heimarbeit und Verbesserungen der Infrastruktur

Bei den Frauen war der Zusammenhang in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen und in der Gruppe mit dem höchsten Einkommensquartil deutlich schwächer, als in der Gruppe mit dem niedrigsten Einkommen und bei Schichtarbeiterinnen deutlich stärker als bei Nicht-Schichtarbeiterinnen.

Die Forschenden kommen insgesamt zu dem Ergebnis, dass Pendeln die psychische Gesundheit von Menschen beeinflussen und mehr Heimarbeit sowie Verbesserungen der Infrastruktur zur Lösung dieser Probleme beitragen könnten und erklären abschließend: "Verschiedene sozioökonomische Bedingungen beeinflussen die psychische Gesundheit von Pendlern. Um den Einfluss der Pendelzeit auf depressive Symptome abzumildern, sind maßgeschneiderte, auf diese Merkmale abgestimmte Ansätze erforderlich."

Andere Studien zum Thema Pendeln

Für ihre Untersuchungen baute das Forscherteam auf anderen Studien auf, in denen bereits herausgefunden wurde, dass Pendeln als potenzieller Gesundheitsrisikofaktor gilt und Zusammenhänge zwischen Pendelzeit und Problemen mit Schlaf, Work-Life-Balance sowie chronischer Müdigkeit bestehen.

Zudem habe eine Längsschnittstudie aus 2014 in Schweden ergeben, dass Frauen, die über weite Strecken pendelten, eine um 54 % höhere Sterblichkeitsrate aufwiesen als Frauen, die über kurze Strecken pendelten.

Pendeln angenehmer gestalten

Wenn sich Pendeln nicht ganz oder teilweise durch Home Office vermeiden lässt, gibt es einige Möglichkeiten, den Weg zur Arbeit und zurück, angenehmer und stressfreier zu gestalten.

Einen Unterschied kann es etwa machen, die Rush Hour geschickt zu umgehen. Das ist manchmal schon möglich, wenn man sich 15 Minuten früher oder später auf den Weg macht.

Wird ein Auto für den Arbeitsweg genutzt, können Fahrgemeinschaften dafür sorgen, nicht jeden Tag gestresst hinter dem Lenkrad sitzen zu müssen.

Wer kann, sollte möglichst oft aufs Fahrrad setzen. Das tut nicht nur der Gesundheit gut, sondern macht sich auch steuerlich positiv bemerkbar. Das Fahrrad kann abgesetzt und die Fahrten mit 30 Cent je Entfernungskilometer (38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer) geltend gemacht werden.

Wer mit Bus oder Bahn zur Arbeit fährt, tut gut daran, die Zeiten sinnvoll zu nutzen, etwa eine Sprache zu lernen, zu lesen, zu stricken, Podcasts zu hören oder Filme zu schauen. Das bringt gute Laune und Erfolgserlebnisse.

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