Experten( )Wissen: Wie gefährlich ist es, Pickel auszudrücken?
Die Dermatologin Prof. Dr. Christiane Bayerl im exklusiven Interview
Ein fieser Pickel zur unrechten Zeit kann reichen, um einem die Laune ganz schön zu verhageln. Wer dann anfängt zu drücken und zu quetschen, kann aber ein viel größeres Problem bekommen als ein rein ästhetisches. Was im schlimmsten Fall droht und was sicherer ist, erklärt die Dermatologin Prof. Dr. Christiane Bayerl gegenüber Yahoo Life:
Yahoo Life: Wie entstehen Pickel überhaupt?
Prof. Dr. Christiane Bayerl: Oft sind sie ja in der Pubertät ein Problem. Das hängt damit zusammen, dass die Talgdrüsenausführungsgänge Rezeptoren in der Tiefe haben. Für die Wurzel der Talgdrüse, die empfindlich für Hormone ist und diese aufnimmt, ist es ungewohnt, dass in der Pubertät erstmals männliche Hormone in dieser Menge eintreffen. Das ist übrigens nicht nur bei den Jungs so, sondern auch bei den Mädels.
Experten( )Wissen: Was bewirkt die Bewegung der Skin Positivity?
Der Rezeptor spürt diesen vermehrten Ansturm und produziert mehr Talg. Weil es quasi mehr Futter gibt, vermehren sich auch die Cutibacterium acnes-Zellen, was wiederum den Entzündungsprozess weiter vorantreibt. Dann verstopft der Talgdrüsenausführungsgang und der Talg kann nicht weiter abfließen.
Und woher kommen Pickel bei Menschen, die ihre Pubertät schon hinter sich haben?
Es gibt noch mehr Faktoren, die Pickel begünstigen. Wenn zum Beispiel Sportler, die gerne Muskeln aufbauen wollen, zu viel Eiweiß zu sich nehmen. Interessanterweise auch chlorierte Substanzen, die man abkriegen könnte, wenn man massenhaft jodiertes Speisesalz isst. Wenn man zu Pickeln neigt, sollte man das nicht in rauen Mengen zu sich nehmen.
Leni Klum: Auch Models haben Pickel
Auch B-Vitamine zum Beispiel in Multivitamin-Präparaten fördern Akne. Wenn man Hormone einnimmt, also Cortisol einnehmen muss, kann es ebenfalls zu einem Akneschub kommen. Auch, wenn man Steroide, also Anabolika, einnimmt. Und wenn man in der Pflege etwas falsch macht, zum Beispiel Vaseline pur auf die Gesichtshaut aufbringt. Und vielleicht hat man auch irgendwo hingelangt, auf dem etwas Infektiöses war, wie eine Türklinke oder Rolltreppe.
Was kann passieren, wenn man selbst an einem Pickel herumdrückt?
Das sind dann die Menschen, die am Wochenende bei uns als Notfall landen. Wenn man an einem leicht geröteten, entzündlichen, vielleicht schmerzendem Pickelchen herumdrückt, platzt das unter der Haut und entleert seinen ganzen infizierten Talginhalt in die Umgebung. Daraus kann ein Abszess entstehen, also eine größere Höhle, in der sich entzündeter Talg ablagert, der nicht abfließen kann. Das ist wirklich scheußlich. Ärztlicherseits muss man dann einen Schnitt machen und den Eiter herauslassen. Das sieht dann nicht schön aus, gibt ein kleines Närbchen und ist natürlich schmerzhaft. Also auf gar keinen Fall an Pickeln herumdrücken!
Was wäre denn ihr Tipp?
Einfach ein bisschen mit getönter Tagescreme abdecken und warten, bis der Pickel ein weißes Pünktchen obendrauf hat. Dann kann man die Haut spannen, also eben nicht drücken, sondern auseinanderziehen. Wenn der Pickel reif genug ist, kommt der Eiter heraus. Am besten ist es, wenn man dann noch etwas Desinfektionsmittel darauf sprüht.
Wie soll man die Haut pflegen, um Pickel am besten vorzubeugen?
In der Luft gibt es eine Schadstoffbelastung mit Ruß- und Stickstoffdioxidpartikeln, die nur alleine vom Waschen mit Wasser nicht weggehen. Man sollte also irgendeine waschaktive Substanz verwenden. Keine Seife, sondern eine Waschlotion, die vielleicht auf einen sauren ph-Wert eingestellt ist. Das wäre günstig, damit man neben den Schmutz-, Talg- und Schwitzpartikeln auch die überflüssigen Lipide entfernt.
Eine Haut, die dann nicht spannt oder sich anderweitig rührt, braucht nichts zusätzlich. Bis auf ein paar Ausnahmen brauchen Menschen aber eine Creme, die dann auch passen muss. Bei unreiner Haut sollte man zu Cremes für unreine, fettige oder zu Akne neigender Haut greifen. Und wenn man trockene Haut hat, sollte man Cremes für trockene oder sensible Haut benutzen. Und morgens gegebenenfalls auf Sonnenschutz achten.
Gibt es bei der Nahrung auch etwas zu beachten?
Tatsächlich ist die hochkalorische Kost mit ausschließlich Proteinen nicht geeignet. Sechs Eier und drei Liter Milch sollte niemand zu sich nehmen, aber ein oder zwei Eier und ein halber Liter Milch sind kein Problem. Zu viel Fett ist auch nicht gut und führt dazu, dass der Insulin-like Wachstumsfaktor, den wir in unseren Fettzellen in der Bauchregion haben, angeregt wird. Ideal ist viel Gemüse, Salat und Fisch.
Woran merkt man, dass man nicht nur einfach ein paar Pickel hat, sondern eine*n Dermatolog*in aufsuchen sollte?
Wenn es exponentiell wächst und es immer mehr Pickel werden. Dann sollte man am besten einen Arzt aufsuchen, bevor Narben entstehen.
Unsere Expertin: Prof. Dr. Christiane Bayerl
Prof. Dr. Christiane Bayerl ist Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden, Mitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) Expertin und 3. Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ästhetische Dermatologie und Kosmetologie (ADK) der DDG.
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