Stressinkontinenz: Ursachen, Therapien und wann man einen Arzt aufsuchen sollte

Was tun, wenn man Urin beim Husten oder Niesen verliert?

Stressinkontinenz ist ein Thema, das mit großer Scham behaftet ist (Symbolbild: Getty Images)
Stressinkontinenz ist ein Thema, das mit großer Scham behaftet ist. (Symbolbild: Getty Images)

Stressinkontinenz, auch Belastungsinkontinenz genannt, ist ein unterschätztes Leiden, über das aus Scham oft geschwiegen wird. Doch tatsächlich sind mehr Menschen davon betroffen, als oft angenommen wird - und zwar jeden Alters. Die Ursachen für Stressinkontinenz sind unterschiedlich - doch es gibt Therapien, die helfen können.

Beim Thema Harninkontinenz haben unterschiedliche Organisationen unterschiedliche Zahlen zu Betroffenen in Deutschland, die zwischen sechs und zehn Millionen schwanken. Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. gibt zehn Millionen an, vermutet jedoch, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt, denn in der Statistik tauchen nur Leute auf, die sich Hilfe holen, was viele aus Scham jedoch vermeiden.

Fest steht jedoch, dass vor allem in jüngeren Jahren Frauen aufgrund der anderen Physiologie ihres Beckenbodens deutlich öfter von Inkontinenz betroffen sind als Männer, wie die Website Harninkontinenz-info.de informiert. Die häufigste Form, die fast die Hälfte aller Fälle bei Frauen ausmacht, ist die Stressinkontinenz.

Wie entsteht Stressinkontinenz und was sind die Symptome?

Von Stressinkontinenz ist die Rede, wenn auch ohne spürbaren Harndrang bei Belastung des Beckenbodens Urin abgeht, beispielsweise durch Heben, Niesen oder Husten. Sie entsteht, wenn der Verschlussmechanismus der Harnröhre geschwächt ist. Beim Niesen oder Husten wird der Druck im Bauchraum und auch auf die Blase erhöht, und da der geschwächte Blasenverschlussapparat des Beckenbodens dem nicht mehr standhalten kann, verliert man kleine Urinmengen, die noch keinen Harndrang auslösen würden.

Es wird hierbei zwischen drei Schweregraden unterschieden:

  • Grad 1: Urin geht beim Husten, Niesen oder schweren Heben ab

  • Grad 2: Urin geht schon bei leichter Belastung wie Aufstehen oder Gehen ab

  • Grad 3: Urin geht auch ohne Belastung ab, zum Beispiel im Liegen

Die Menge kann dabei stark variieren, von ein paar Tropfen bis hin zu einer Menge, die sowohl Unterwäsche als auch die darüberliegende Kleidung durchnässt.

Die Ursachen für Stressinkontinenz sind unterschiedlich. Von vorn herein ist das weibliche Becken flexibler gebaut als das männliche und dadurch anfälliger für eine Schwächung.

Diese kann entstehen durch:

  • Schwangerschaft und Entbindung

  • Übergewicht

  • Bewegungsmangel

  • schwere körperliche Arbeit

  • chronischer Husten

  • altersbedingte Faktoren wie Muskelschwund oder hormonelle Umstellung in der Menopause

Wann sollte man bei Stressinkontinenz zum Arzt und welche Therapien gibt es?

Dementsprechend gibt es einige Dinge, die man selbst gegen Stressinkontinenz tun kann, darunter Gewichtsabnahme, Behandlung von wiederkehrendem Husten (oft genügt es schon, mit dem Rauchen aufzuhören) oder Beckenbodentraining.

Zeigen derartige Maßnahmen keine Wirkung, sollte man sich nicht scheuen, sich ärztliche Hilfe zu suchen, wie der Urogynäkologe Dr. Andrew Hundley Yahoo Style sagt, vor allem, wenn man sich aus Scheu vor unbeabsichtigtem Urinverlust vermehrt zurückzieht. "Wenn Frauen irgendwann Aktivitäten meiden, die ihnen Spaß machen, wie Sport, Reisen oder sich mit Freunden treffen, wird die Lebensqualität beeinträchtigt. Sie können sich sozial zurückziehen, und das ist nicht gesund", erklärt er.

In der Arztpraxis oder in speziellen Beckenbodenzentren kann die genaue Ursache für die Stressinkontinenz bestimmt und ein Therapieplan erstellt werden.

Hierbei gibt es laut Harninkontinenz-info.de je nach Schweregrad und Ursache verschiedene Optionen:

  • Gezieltes Beckenbodentraining: Unter der Anleitung vom Arzt oder speziell ausgebildeten Physiotherapeuten kann die Beckenmuskulatur gestärkt werden, entweder klassisch, mit Vaginalkonen, mithilfe von Biofeedback oder sogar mittels Elektrostimulation oder Vibrationstherapie

  • Hormonbehandlung: Ist die Menopause die Ursache, kann eine Östrogenbehandlung helfen

  • Medikamente: Schlagen die konservativen Methoden nicht an, gibt es auch eine medikamentöse Therapie für Stressinkontinenz

Bei besonders schweren Fällen ist auch eine Operation möglich, bei der ein stützendes Band zur Stärkung des Beckenbodens eingesetzt wird.

In den meisten Fällen lässt sich Stressinkontinenz auch ohne OP gut behandeln. Wichtig ist, sich bei Leidensdruck Hilfe zu suchen, denn Harninkontinenz ist nichts, womit man alleine ist - oder bleiben muss.