Was man über Koinfektionen wissen muss
Anzeichen für zwei Krankheiten zur selben Zeit
Koinfektionen sind nicht leicht zu erkennen. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) infizieren sich in Deutschland je nach Stärke der Grippewelle in einer Saison vier bis 16 Millionen Menschen. Im Herbst dominierten vor allem Rhinoviren und Coronaviren. Danach stieg der Anteil an respiratorischen Synzytialviren (RSV) und Grippeviren an. Und obwohl das RKI die Grippewelle am 24. März als offiziell beendet erklärt hat, leiden immer noch viele an Atemwegs- und Grippeinfektionen.
Falls du in letzter Zeit auch oft krank warst oder schwere und langanhaltende Symptome hattest, fragst du dich vielleicht auch, ob es wirklich nur ein fieser Virus war oder ob du vielleicht doch gleichzeitig zwei Krankheiten hattest, die sich einfach überschnitten haben. Wir verraten dir, welche Anzeichen auf Koinfektionen hindeuten könnten.
Was ist eine Koinfektion?
Eine Koinfektion oder eine Doppelinfektion tritt auf, wenn eine Zelle oder ein Organismus gleichzeitig von zwei verschiedenen Krankheitserregern oder zwei verschiedenen Stämmen desselben Erregers infiziert wird. Wenn die Übertragung der Erreger mit zeitlichem Abstand erfolgt, sprechen wir von einer Superinfektion. Bei einer gleichzeitigen Übertragung hingegen liegt eine Simultaninfektion vor. So gibt es laut dem Ärzteblatt beispielsweise Fälle, in denen Influenzaviren gleichzeitig mit einer bakteriellen Sekundärinfektion mit Pneumokokken auftauchen. Eine aktuelle Studie liefert allerdings auch Hinweise darauf, dass eine Koinfektion nicht unbedingt mit negativen Folgen verbunden sein muss. So zeigt die Untersuchung, dass die Interferon-Reaktion nach einer Infektion mit dem Influenza-Virus auch nach Abklingen der Symptome die Replikation von SARS-CoV-2 mindern kann, was für mildere Corona-Erkrankungsverläufe sorgen kann.
Koinfektionen und was darauf hindeuten kann
Falls du mehrere Symptome hast, die nicht miteinander verbunden zu sein scheinen, könnte es sein, dass du mit sogenannten Koinfektionen, also mit zwei Infektionen gleichzeitig, zu kämpfen hast.
"In den meisten Fällen – selbst wenn Sie mehrere Symptome haben – ist es wahrscheinlich, dass Sie nur eine Infektion haben", sagte Dr. Stuart Ray, Professor für Medizin und Infektionskrankheiten an der Johns-Hopkins-Universität, gegenüber der HuffPost. Trotzdem sei es durchaus möglich, gleichzeitig mehr als eine Infektion zu haben. "Oft wissen wir nicht, ob wir zwei Infektionen haben, weil die Symptome sich so stark überschneiden", sagte Dr. Larissa Pisney, außerordentliche Professorin in der Abteilung für Infektionskrankheiten an der Universität von Colorado Anschutz Medical Campus. So können beispielsweise Husten, Fieber und Halsschmerzen alles Symptome von Atemwegserkrankungen wie COVID-19, RSV und Grippe sein.
Doch wie kann man herausfinden, ob man nur eine Infektion hat oder mehrere? Laut den Experten ist der einzige Weg, mit dem du sehen kannst, dass du eine Koinfektion hast, ein Test. Es kann einfacher sein, festzustellen, ob du eine Koinfektion hast, wenn sie auf einen bestimmten Gewebetyp oder eine bestimmte Körperpartie beschränkt sind, wie zum Beispiel, wenn du Halsschmerzen und weiße Flecken auf den Mandeln hast und dann auch noch juckende, rote Augen bekommst. Sieht ein Patient also danach aus, als könnte er eine Streptokokkeninfektion im Hals und auch noch eine Bindehautentzündung haben, erklärte Ray, bestehe eine gute Chance, dass er beides habe, einfach aus dem Grund, weil beides ziemlich verbreitete Probleme sind und sich die Symptome beider Krankheiten nicht stark miteinander überschneiden.
Wie kommt es zu Koinfektionen?
Es kann natürlich auch sein, dass es sich um dieselbe Krankheit mit unterschiedlichen Auswirkungen handelt. Patienten können ihre Symptome außerdem unterschiedlich wahrnehmen. Ein Anzeichen für zwei Krankheiten kann es ebenfalls sein, wenn du bereits auf dem Weg der Besserung warst und dann plötzlich Fieber, Schnupfen oder einen schlimmeren Husten bekommst und unter starker Erschöpfung leidest. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass du während oder direkt nach einer viralen Erkrankung eine bakterielle Infektion bekommen hast. Nach einer Virusinfektion wie COVID-19, Influenza, RSV oder Erkältungen sei man laut den Medizinern anfälliger für diese bakteriellen Sekundärinfektionen.
Doch warum ist das so? Nach jeder Virusinfektion kommt es im Allgemeinen zu Entzündungen an den Oberflächen der Atemwege, so Dr. Joseph Khabbaza, Lungen- und Intensivmediziner am Cleveland Clinic gegenüber der HuffPost. "Während die Infektion bekämpft wird und die Oberfläche zu heilen versucht, wird die kranke Fläche entfernt... damit, sobald die Infektion verschwunden ist, eine gesündere neue Oberfläche entstehen kann", sagte er. "Doch, wenn das passiert, haben unsere normalen Bakterien in den Atemwegen die Möglichkeit, einzutreten und etwas tiefer einzudringen." Das könne nach einer Woche oder zwei zu einer Sinusitis, Lungenentzündung oder anderen Arten von bakteriellen Infektionen führen. Besonders gefährdet seien Menschen, die sich in letzter Zeit viel in überfüllten Innenräumen aufgehalten haben. Laut Ray sei die Wahrscheinlichkeit, kurze Zeit hintereinander zwei Krankheiten zu bekommen, nicht sehr hoch, weil man, um eine übertragbare Krankheit zu bekommen, einer ausgesetzt sein müsse. Und das sei nicht jeden Tag der Fall. "Wenn Sie aber viel Zeit in überfüllten Räumen verbringen – wie in Kindertagesstätten, Flughäfen oder großen Indoor-Veranstaltungen – neigen Sie eher dazu, sich anzustecken", sagte Pisney. Die Wahrscheinlichkeit, mehr als eine Infektion gleichzeitig zu bekommen, hänge mehr von den Verhaltensweisen ab, die zu einer Aussetzung von Krankheiten führen, als von den Infektionen selbst.
Wann es am häufigsten zu Koinfektionen kommt
Koinfektionen sind wahrscheinlicher, wenn mehrere Viren oder bakterielle Infektionen im Umlauf sind und wenn Menschen aufgrund von kalten Temperaturen mehr Zeit im Inneren verbringen. Du kannst es auch mit einer Doppelinfektion zu tun haben, wenn du wiederkehrende Symptome von früheren Infektionen hast. Laut Ray gebe es Infektionen, die lange Zeit in unserem Körper schlummern und zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftauchen, so wie die Herpesviren oder Viren, die Windpocken oder Genitalgeschwüre verursachen. "Wenn Sie durch eine andere Krankheit geschwächt sind, kann das Herpesvirus die Oberhand gewinnen und Probleme verursachen", sagte Ray. Dann werde es zwar wieder von unserem Immunsystem bekämpft, doch man könne es nicht loswerden. Hattest du also zu einem früheren Zeitpunkt schon mal Fieberbläschen um den Mund herum, können diese plötzlich wieder auftreten, wenn du eine Erkältung hast. In diesem Fall infizierst du dich nicht mit beiden Infektionen gleichzeitig, aber der Anfang einer neuen Krankheit führt dazu, dass eine alte wieder aufflammt.
Wie kann man Koinfektionen verhindern und was kann man dagegen tun?
Laut den Experten ist es unwahrscheinlicher, eine andere virale Atemwegsinfektion zu bekommen, wenn du schon eine virale Atemwegsinfektion hast, weil die infizierten Zellen bereits gegen ein Virus kämpfen. "Zellen senden ein Signal an ihre Nachbarn aus, das hilft, sie vor einer Infektion zu schützen", erklärte Ray. Kämpfst du aber gerade gegen eine virale Infektion in einem Teil deines Körpers wie beispielsweise den Atemwegen, dann schützt dich das höchstwahrscheinlich nicht vor einer anderen viralen Infektion in einem anderen Teil deines Körpers wie beispielsweise der Haut oder dem Darm.
Wenn du jedoch eine Koinfektion hast, weiß dein Immunsystem genau, was zu tun ist: "Wenn Sie gegen mehrere Infektionen kämpfen, bildet Ihr Immunsystem Antikörper, die sich gegen das richten, was gerade passiert", sagte Khabbaza. Ist dein Immunsystem geschwächt, kann es schwieriger sein oder länger dauern, zwei Infektionen zu bekämpfen. Risikopatienten, die COVID-19 und Influenza haben, haben laut Pisney ein höheres Risiko für schwerwiegende Krankheitsverläufe.
Um schwere Krankheiten zu verhindern, raten die Mediziner dazu, sich impfen zu lassen. Mehr Infos zur Corona-Impfung gibt es in diesem Video:
Ausreichendes Lüften, Masken und regelmäßiges Händewaschen sind ebenfalls wirksame Methoden, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Um eine direkte Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden, sollten Menschen mit ansteckenden Infektionskrankheiten laut Infektionsschutz.de möglichst Abstand zu anderen halten und vor allem besonders gefährdeten Menschen wie Schwangeren, Säuglingen, alten oder immungeschwächten Menschen fern bleiben. Auch Körperkontakte wie Umarmen, Händeschütteln oder Küssen sollten vermieden werden. Man sollte außerdem vermeiden, mit ungewaschenen Händen Augen, Nase oder Mund zu berühren, da dies häufig die Eintrittspforten für Krankheitserreger sind. Erkrankte mit Magen-Darm-Infektionen sollten bei Möglichkeit eine separate Toilette benutzen.
Zur Genesung nach einer Erkrankung tragen laut den Experten eine gesunde Ernährung mit vielen Vitaminen, ausreichendes Trinken und viel Ruhe bei. Es könne zudem einen Unterschied machen, längerfristig gesunde Lebensgewohnheiten aufrechtzuerhalten. Wie Khabbaza erklärte: "Menschen, die gesund essen und sich bewegen, werden weniger krank, weil sie weniger Entzündungen im Körper haben und besser darauf vorbereitet sind, auf jede Art von Infektion zu reagieren."