Better Life: Schlafen wir doch nicht so fest, wie wir immer dachten?
Wer schläft, ist wie ausgeknockt? Das war lange Zeit eine vorherrschende Meinung. Doch jetzt konnten Wissenschaftler*innen zeigen, dass Schlafende auch im Traumland noch ansprechbar sind.
Schlaf haben Forschende lange Zeit als eine Art Vorhang verstanden, der sich zwischen das Gehirn und die Außenwelt schiebt. Ist der Vorhang zu, reagiert das Gehirn nicht mehr auf äußere Reize.
Eine aktuelle Studie legt nun nahe, dass es während des Schlafs durchaus Phasen geben könnte, in denen der Vorhang leicht geöffnet ist.
Es gab schon zuvor eine Studie
Wer schläft, hat kein Bewusstsein mehr für die Umgebung. "Man reagiert einfach nicht mehr auf die äußere Welt", sagt Delphine Oudiette in einem Gespräch mit Nature. Dort ist die Studie veröffentlicht worden.
Oudiette ist Kognitionswissenschaftlerin am Pariser Brain Institute und Co-Autorin. Mit ihrem Team konnte sie zeigen, dass Menschen im Schlaf Informationen hören, verarbeiten und korrekt darauf reagieren können. "Eigentlich sollte man dazu gar nicht in der Lage sein", sagt sie.
Dabei hat Oudiette schon einmal eine ähnliche Untersuchung durchgeführt – und sogar mit ähnlichem Ergebnis. Allerdings an Menschen mit einer besonderen Fähigkeit: sogenannte luziden Träumer*innen oder auch Klarträumer*innen. Diese Menschen sind sich im Traum bewusst, dass sie schlafen und können deshalb nach eigenem Entschluss handeln. Die AOK schreibt dazu, dass luzides Träumen erlernbar ist. Dafür gibt es auch spezielle Methoden, "eine Erfolgsgarantie gibt es aber nicht".
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In ihrem Experiment damals hat Oudiette mit solchen schlafenden Klarträumer*innen kommuniziert. Die konnten zwar nicht mir ihr sprechen, über Bewegungen der Gesichtsmuskeln und der Augen war es ihnen aber auch im Schlaf möglich, zu reagieren. Deshalb fragten sich die beteiligten Wissenschaftler*innen, ob das auch mit "gewöhnlichen" Schlafenden möglich sei.
So wurde die neue Studie durchgeführt
Deshalb haben die Kognitionswissenschaftler*innen jetzt 27 Personen mit Narkolepsie, sie haben im Schlaf besonders oft luzide Träume, sowie 22 Personen ohne diese Erkrankung untersucht: Alle 49 Proband*innen mussten während des Schlafs erfundene oder real existierende Wörter kategorisieren, die ihnen vorgelesen wurden. Um das Gehörte einer der beiden Kategorien zuzuordnen, sollten sie entweder lächeln oder die Stirn runzeln. Das Ergebnis: Alle Teilnehmer*innen reagierten zu mindestens 70 Prozent korrekt.
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Aber nicht in allen Schlafphasen fielen die Reaktionen gleich aus: Vor allem während der REM-Phase waren sie besser. Dann schliefen die Teilnehmer*innen am tiefsten, gleichzeitig war das Gehirn besonders aktiv.
Das wussten die Forschenden, weil sie den Proband*innen ein EEG aufgesetzt hatten, um die Hirnströme zu messen. Außerdem waren sie an einen Herzmonitor angeschlossen und ihre Augenbewegungen und muskulären Aktivitäten wurden aufgezeichnet.
Das sind die Reaktionen
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass tatsächlich alle Menschen in bestimmten Schlafphasen durch den Vorhang des Schlafes blicken können", sagt Oudiette und hofft, dass es in Zukunft viele ähnliche Studien geben wird. Diese könnten nicht nur das Verständnis für Schlafkrankheiten verbessern, wie Schlaflosigkeit oder Schlafwandeln. Sondern auch, welche Gehirnregionen wann aktiver seien und wie sie das Bewusstsein beeinflussten.
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Das ist aber nicht alles. In einer die Studie begleitenden Pressemitteilung heißt es, die aktuellen Erkenntnisse könnten zur Grundlage für ein Protokoll werden, wie man in Zukunft besser mit Schlafenden kommuniziert. Das würde viele Wege öffnen, kognitive Prozesse während des Schlafs zu untersuchen.
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