Echtes Recycling oder reiner Schmu: Was machen Firmen wie H&M mit den alten Klamotten?

So langsam wird es Zeit, die Sommer-Klamotten wegzupacken und die wärmeren Sachen wieder herauszuholen. Eine gute Gelegenheit, dabei gleich noch auszumisten. Wer nicht weiß, was er mit den alten Klamotten machen soll, kann sie tütenweise zu H&M bringen, wo sie dann recycelt werden. Aber stimmt das wirklich und gibt es umweltfreundlichere Alternativen?

Bringt das Klamotten-Recycling bei H&M wirklich etwas? (Bild: Getty Images)
Bringt das Klamotten-Recycling bei H&M wirklich etwas? (Bild: Getty Images)

Schon vor sechs Jahren hat die Modekette H&M in Geschäften auf der ganzen Welt das Programm Garment Collecting ins Leben gerufen. Und das funktioniert so: Abgelegte Klamotten, egal, ob es sich um zerschlissene Socken, alte Kleider oder kaum getragene Stück handelt, können in Tüten verpackt in einer beliebigen Filiale abgegeben werden. Die Abgabe ist auf zwei Tüten pro Tag beschränkt, wobei die Größe der Tüten nicht näher benannt wird. Die Kleidung muss nicht von H&M sein und auch andere Textilien wie Bettwäsche werden angenommen. Wer seine Klamotten in den Store bringt, bekommt dafür pro Tüte einen 15-Prozent-Gutschein für den nächsten Einkauf.

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Was noch gut ist, wird als Second-Hand-Ware verkauft

Was dann mit den Klamotten passiert, beschreibt H&M so: Befindet sich die Kleidung in gutem Zustand und kann also noch getragen werden, wird sie zumeist als Second-Hand-Ware auf der ganzen Welt weiterverkauft. Laut H&M Group betrifft das 50 bis 60 Prozent der abgegebenen Kleider. Manche davon werden auch zur Produktion von neuen H&M-Klamotten verwendet, wobei man hier von einem ziemlich kleinen Prozentsatz ausgehen kann.

Putzlappen gehen immer

Sind die Klamotten zu abgetragen oder kaputt, kann man sie trotzdem wiederverwenden. H&M nennt hier etwas vage Upcycling-Produkte oder auch einfach Putzlappen, die aus den aussortierten Textilien gemacht werden. Sind sie auch dafür nicht geeignet, können sie immer noch zu Textilfasern weiterverarbeitet werden oder landen als Dämm- und Isolierstoffe in der Autoindustrie.

Die Modekette gibt zudem an, Überschüsse aus der Initiative “Kleidung sammeln bei H&M“ an Forschungsprojekte für Textilrecycling oder an Sozialprojekte zu spenden. Am Ende bleiben dann noch 3 bis 7 Prozent übrig, die in die Produktion von Energie fließen, was nichts anderes bedeutet, als dass sie verbrannt werden.

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Das Ziel sind 25.000 Tonnen pro Jahr

Laut der H&M Group wurden 2018 exakt 20.649 Tonnen an Altkleidern gesammelt. Schon 2016 hatte der Konzern das Ziel angegeben, bis zum Jahr 2020 jährlich 25.000 Tonnen Textilien sammeln zu wollen. Bis zum Jahr 2030 sollen alle Kleidungsstücke aus recycelten Materialien oder solchen aus nachhaltigen Quellen stammen.

Auch C&A macht mit beim Klamotten-Recycling (Bild: Getty Images)
Auch C&A macht mit beim Klamotten-Recycling (Bild: Getty Images)

H&M ist keine Ausnahme

Dabei ist H&M nicht die einzige Modekette, die ein solches Konzept hat. Bei & Other Stories kann man neben Kleidern auch die Behältnisse von Beauty-Produkten zurückbringen und bekommt dafür beim nächsten Kauf einen Rabatt von zehn Prozent. Bei C&A zum Beispiel funktioniert die Sache etwas anders. Beim Programm “We Take it Back“ sind die Kunden angehalten, nur gut erhaltene Kleidungsstücke und Schuhe zurückzugeben. Die Kleider müssen in ein Paket gepackt werden, einen kostenlosen Versandaufkleber kann man sich online beim Partner Packmee erstellen lassen. Das Paket gibt man dann entweder an einer Packstation ab oder drückt es dem DHL- oder Hermes-Boten beim nächsten Besuch in die Hand. Dafür bekommt man einen 15-Prozent-Gutschein. Auch Levi´s gehört zu den Brands, die Kunden anbieten, ihre alten Klamotten gegen verbilligte neue zu tauschen.

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Was bringt die Rückgabe von Klamotten wirklich?

Jedes Jahr werden in deutschen Haushalten 1,35 Millionen Tonnen Kleidung aussortiert, wobei rund eine Million Tonnen der Altkleider wiederverwertet werden. In der Mehrheit der Fälle werden daraus einfache Dinge wie Putzlappen gemacht und nur in seltenen Fällen wieder neue Kleidungsstücke. Das wiederum liegt daran, dass die meisten Stücke nicht aus 100 Prozent Baumwolle, Seide oder sonst einem Material gefertigt sind, sondern aus Mischgewebe. Besteht zum Beispiel eine Bluse aus Baumwolle, Polyester und Elasthan, sind die Fasern miteinander verwoben und können nur sehr schwer und mit einem großen Aufwand an Energie wieder zerlegt werden. Das rentiert sich nicht nur nicht, sondern ist auch qualitativ nicht konkurrenzfähig.

Verzicht ist besser als Recycling

Ganz zu schweigen davon, dass sogar reine Baumwolle, zu deren Anbau Unmengen von Wasser benötigt werden, ökologisch problematisch ist. Und heutzutage kein anderes Material so oft zum Einsatz kommt wie billiges Polyester, zu dessen Herstellung man Erdöl braucht und das bei jeder Wäsche Mikroplastik ins Abwasser spült. Kritiker sagen deshalb, die Programme der großen Ketten seien nichts anderes als Greenwashing. Eine wirkliche Wende könne nur stattfinden, wenn die Kunden aufhörten, massenweise billige Klamotten zu kaufen und sich stattdessen auf weniger, aber qualitativ hochwertige Stücke beschränken würden.

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Wie geht es besser?

Wer die Umwelt wirklich schonen will, sollte Kleidungsstücke nicht nur sparsam kaufen, sondern auch ganz genau hinschauen, wen er mit seinem Geld unterstützt. Die schwedische Firma Melawear zum Beispiel stellt Produkte her, deren Bestandteile nicht nur ökologisch nachhaltig sind, sondern auch einfach zu trennen und wirklich wiederverwertbar. Die Baumwolle lässt sich komplett recyceln, das Ziegenleder vom Rucksack genauso wie der Naturkautschuk der Schuhsohlen kompostieren, die Schnallen eines alten Rucksacks kommen an einen neuen.

Reparieren und wiederverwerten

Patagonia legt Wert darauf, dass die Klamotten lange halten und, wenn sie doch kaputtgehen, repariert werden können. Pflege- und Reparaturanleitungen werden gleich mitgeliefert. Globetrotter bietet Artikel wie Sonnenbrillen, Rucksäcke oder Hosen an, die aus recycelten Ausgangsmaterialien gefertigt wurden. Und die Outdoormarke Pyua aus Kiel produziert ihre Wintersportausstattung so, dass alle Bestandteile wie Knöpfe oder Gummizüge leicht entfernt werden können und die ganze Klamotte am Ende recycelbar ist. Was früher eine Jacke war, wird wieder zu einer Jacke. Putzlumpen gibt es schon genug auf der Welt.

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