Experten( )Wissen: So schädlich ist passives Rauchen für Haustiere

Tierärztin im exklusiven Interview

Rauchen erhöht nicht nur für die aktiv qualmenden Menschen das Risiko für verschiedene Krankheiten, sondern auch für all jene, die mit ihnen unter einem Dach leben. Gemeint sind damit explizit auch Haustiere. Welche Tierart besonders betroffen ist, verrät die Tierärztin Dr. Tina Hölscher gegenüber Yahoo Life.

Hund und Katze kuscheln
Von den schädlichen Auswirkungen des Passivrauchens sind auch Haustiere wie Hunde und Katzen betroffen. (Foto: Getty)

Wie gefährlich ist Passivrauchen für Hunde und Katzen?

Dr. Tina Hölscher: Es gibt keine Studien, die eindeutig belegen würden, wie viel höher das Krebsrisiko von Haustieren in Raucherhaushalten sind. Fest steht aber, dass die Wahrscheinlichkeit der Entstehung verschiedener Tumorarten größer ist, als wenn die Tierbesitzer nicht rauchen würden. Von Tumoren besonders betroffen sind Lunge, Magen, Darm, Niere und Blase.

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Auch Raucher haben ja nicht nur eine höhere Wahrscheinlichkeit für Lungenkrebs, sondern auch für Nieren- oder Blasenkarzinome. Das liegt daran, dass die Karzinogene über den Urin ausgeschieden werden und der Urin die Auskleidung der Harnwege überschwemmt. Katzen sind übrigens besonders gefährdet.

Warum ist die Gefahr bei Katzen größer als bei Hunden?

Bei Katzen ist die Fellpflege eine Komponente, die die gesamte Problematik erschwert. Katzen pflegen und putzen sich den ganzen Tag. Wenn die sich in einem Raucherhaushalt das Fell belecken, atmen sie die Giftstoffe nicht nur ein, sondern nehmen sie auch noch oral über den Mund und den Magen-Darm-Trakt zu sich. Die werden quasi doppelt vergiftet. Besonders betrifft das natürlich reine Wohnungskatzen, die dem Rauch rund um die Uhr ausgesetzt sind. Fest steht auf jeden Fall: Wenn Sie eine Katze aus einem Raucherhaushalt obduzieren, hat die richtig schwarze Lungenflügel. Das ist erschreckend, wenn man so etwas sieht.

Katze leckt sich die Pfote
Da Katzen sich ständig das Fell lecken, nehmen sie schädliche Karzinogene aus dem Zigarettenrauch mehrfach auf. (Foto: Getty)

Glauben Sie, dass den meisten Besitzern die Problematik bewusst ist?

Speziell bei Katzen ist den Besitzern die Doppelproblematik nicht bewusst. Wenn eine Katze zu mir kommt, die nach Rauch stinkt, muss sich jeder von mir die komplette Litanei anhören, dass er das Rauchen doch bitte lieber bleiben lassen soll. Es ist ja mein Job, das bestmögliche Leben für das Tier herauszuholen.

Wie sieht es denn mit den Behandlungsmöglichkeiten bei Krebs aus?

Theoretisch ist beim Tier alles möglich, was auch beim Menschen geht. Man kann sowohl operieren als auch verschiedene Protokolle von Chemotherapien durchführen lassen. In der Praxis sieht das aus verschiedenen Gründen aber oft anders aus. Je nachdem, wo der Tumor sitzt und wie weit er fortgeschritten ist, reden wir in der Regel von einem vier-, eher fünfstelligen Betrag.

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Daneben geht es auch um die Alltagspraktikabilität. Wenn eine Katze über mehrere Monate hinweg ein Mal in der Woche in eine Klinik gefahren werden muss, um dort eine dreistündige Infusion zu bekommen, und dabei vielleicht schon 14 Jahre alt ist, bedeutet das auch für die Katze eine Menge Stress. Da kann man der Ansicht sein, dass es besser ist, den Krebs lieber nicht zu behandeln und ihr vielleicht noch ein bis zwei Lebensjahre ohne Stress zu lassen.

Mit welchen Beschwerden kommen denn die Tiere?

Bei Nikotin geht es meistens um die Lunge und/oder die harnableitenden Wege. Bei der Lunge ist es klassisch der Husten, der sich sukzessive verschlimmert. Bei den harnableitenden Wegen kann es Blut im Urin sein, Schmerzen beim Pinkeln oder die Unmöglichkeit, Urin abzusetzen. Das passiert, wenn der Tumor am Harnröhrenausgang sitzt. Diese Art der Tumore kann man meistens relativ leicht diagnostizieren. Alles, was in der Lunge ist, sieht man beim Röntgen. Und alles, was in Blase und Niere ist, sieht man durch den Ultraschall.

Wann wird es schwieriger?

Es gibt Areale zum Beispiel im Kopf, bei denen eine Diagnose sehr schwierig ist. Da braucht man dann ein CT oder ein MRT, wofür dann fast immer auch eine Narkose nötig ist. Auch da sind wir bei Kosten von um die 1000 Euro und gerade bei älteren Tieren ist das auch ein Risiko. Insofern hört die Diagnostik dann oft schon im Vorfeld auf.

Wie sieht es aus, wenn Tierbesitzer Cannabis konsumieren?

Das bringt alle Probleme des normalen Rauchens von Zigaretten mit sich und on top die berauschende Wirkung. Die Tiere werden genauso berauscht wie Menschen, wobei man vermutet, teilweise sogar stärker. Für die Tiere ist das höchstproblematisch. Die sind vom Gangbild her nicht mehr ganz sauber, sind auch im Gehirn nicht mehr richtig sortiert, sind verwirrt oder können Angstzustände erleben. Anders als die Menschen können Tiere das ja nicht einordnen und wissen nicht, was mit ihnen los ist.

Was können Sie in solchen Fällen machen?

Bei Cannabisintoxikation gibt es, egal, ob sie durch Rauchen oder orale Aufnahme entstanden ist, kein echtes Gegengift. Man kann nur symptomatisch behandeln und gibt vielleicht eine Infusion, damit die Stoffe schneller wieder aus dem Körper ausgeschwemmt werden. Den Rest regelt zum Glück die Zeit.

Dr. Tina Hölscher führt eine Praxis in München und engagiert sich bei der Tierschutzorganisation Aktion Tier. (Foto: Privat)
Dr. Tina Hölscher führt eine Praxis in München und engagiert sich bei der Tierschutzorganisation Aktion Tier. (Foto: Privat)

Unsere Expertin: Dr. Tina Hölscher

Dr. Tina Hölscher führt seit 2001 eine eigene Tierarztpraxis in München. Besonders am Herzen liegt ihr das Engagement für die Tierschutzorganisation Aktion Tier e.V., die sie seit über 30 Jahren aktiv unterstützt.

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