Mythen über Parkinson, die du laut Experten nicht glauben solltest
Von Jeremy Paxman und Michael J. Fox bis hin zu Lysette Anthony aus der Serie Hollyoaks– es gibt einige Prominente, die in den letzten Jahren über ihre Erfahrungen mit Parkinson berichtet haben. Damit haben sie dazu beigetragen, die Krankheit stärker ins Rampenlicht zu rücken.
Dennoch haben wir noch einen weiten Weg vor uns, um die am schnellsten wachsende neurologische Krankheit der Welt besser zu verstehen, an der aktuell rund 400.000 Menschen in Deutschland erkrankt sind. Der Welt-Parkinson-Monat ist also eine gute Gelegenheit, dein Wissen über die vielschichtige Krankheit zu erweitern – z. B. dass Parkinson nicht immer bedeutet, dass man nichts mehr tun kann oder seine Unabhängigkeit verliert.
"Das Leben mit Parkinson ist nicht einfach und die Betroffenen stehen in ihrem Alltag vor vielen Herausforderungen", sagt Hannah Karim, Senior Care Expert Manager des Serviceangebots Lottie aus dem Vereinigten Königreich. Sie fügt jedoch hinzu: "Eines der größten Hindernisse ist der Umgang mit den falschen Vorstellungen und Missverständnissen über Parkinson, da jeder die Symptome anders erlebt."
"Stereotypen und Mythen können schädliche Auswirkungen auf Menschen haben, die mit der Parkinson-Krankheit leben. Falsche Vorstellungen über die Fähigkeiten von Menschen mit dieser Krankheit können auch ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen. Sie können ihr Engagement bei Aktivitäten einschränken, eine Kommunikationsbarriere schaffen und ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigen."
Hier sind also Karims fünf Parkinson-Mythen, die man ignorieren sollte, und zu denen wir auch Dr. Babak Ashrafi von Superdrug Online Doctor befragt haben, um weitere Informationen zu erhalten.
Parkinson-Mythen entlarvt
Mythos 1: Nur ältere Erwachsene bekommen Parkinson
"Während die Parkinson-Krankheit häufiger bei älteren Erwachsenen über 60 Jahren diagnostiziert wird, kann sie Menschen jeden Alters treffen, auch jüngere Erwachsene. Dieses Missverständnis kann die Diagnose und Behandlung bei jüngeren Erwachsenen verzögern, bei denen erste Anzeichen und Symptome der Parkinson-Krankheit auftreten", sagt Karim.
"Die meisten Parkinson-Symptome bei jungen Menschen werden erstmals im Alter zwischen 21 und 40 Jahren festgestellt und diagnostiziert."
Dr. Babak weist zwar darauf hin, dass Parkinson häufiger bei älteren Erwachsenen diagnostiziert werde, und das Risiko, daran zu erkranken, mit dem Alter steige, doch er erinnert auch daran, dass die Krankheit Menschen jeden Alters treffen könne. "Es gibt Fälle, in denen jüngere Menschen, sogar Kinder, betroffen sein können [obwohl dies eher selten ist]."
Karim fügt hinzu: "Unabhängig von deinem Alter ist es wichtig, dass du einen Arzt aufsuchst, wenn du ungewöhnliche Symptome bemerkst oder neue Gesundheitsprobleme entwickelst."
Mythos 2: Jeder, der Parkinson hat, hat die gleichen Symptome
"Die Symptome, das Fortschreiten der Krankheit und das Ansprechen auf die Behandlung sind bei jedem Parkinson-Patienten anders. Einige Betroffene leiden unter relativ leichten Symptomen, die über viele Jahre hinweg langsam fortschreiten, während andere ein schnelleres Fortschreiten erleben", sagt Karim.
"Bei der Pflege von Parkinson-Patienten ist es wichtig, ihre spezifischen Pflegebedürfnisse zu verstehen, damit sie so eigenständig wie möglich leben können."
Mythos 3: Die Parkinson-Krankheit beeinträchtigt nur die Bewegung
"Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung; die häufigsten Symptome, die von den Betroffenen angegeben werden, sind unkontrollierbares Zittern, Bewegungsschwierigkeiten und Muskelsteifheit", erklärt Karim.
"Jede Person, die mit Parkinson lebt, wird unterschiedliche Symptome haben und einige Menschen können nicht-motorische Symptome wie kognitive Veränderungen, wie Depressionen und Angstzustände, und Veränderungen im Schlafzyklus erleben. Manche haben auch körperliche Symptome wie Probleme mit der Blutdruckregulierung."
Dr. Babak fügt hinzu: "Da sich die Parkinson-Krankheit auf das zentrale Nervensystem auswirkt, kann es vorkommen, dass Männer mit Parkinson nicht mehr in der Lage sind, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten, wobei die Muskeln, die Müdigkeit und die medikamentösen Nebenwirkungen die erektile Dysfunktion weiter begünstigen."
"Auch die Verbindung zwischen den Wechseljahren und Parkinson wird noch erforscht. Einige Studien deuten darauf hin, dass die hormonellen Veränderungen, die mit den Wechseljahren einhergehen, das Risiko für die Entwicklung der Parkinson-Krankheit beeinflussen können."
Mythos 4: Mit Parkinson kann man nicht unabhängig leben
Eines der schädlichsten Klischees im Zusammenhang mit Parkinson ist die Annahme, dass Betroffene ihre Unabhängigkeit verlieren. "Auch wenn Parkinson eine Herausforderung darstellt, bedeutet es nicht, dass man die Fähigkeit verliert, unabhängig zu leben", sagt Karim.
"Viele Menschen mit Parkinson leben auch noch Jahre nach der Diagnose unabhängig. Durch die Behandlung der Symptome mit Medikamenten, Therapien und kleinen Änderungen des Lebensstils können Menschen mit Parkinson weiterhin ein erfülltes und unabhängiges Leben führen."
Dr. Babak fügt hinzu, dass "viele Menschen mit Parkinson unabhängig leben können, vor allem in den frühen Stadien der Krankheit", und dass bei richtiger Behandlung "Menschen mit Parkinson eine gute Lebensqualität beibehalten und weiterhin an täglichen Aktivitäten teilnehmen können".
Er räumt jedoch ein: "Wenn die Krankheit fortschreitet, benötigen manche Menschen mehr Unterstützung bei bestimmten Aufgaben oder Aktivitäten des täglichen Lebens. Es ist wichtig, dass Menschen mit Morbus Parkinson eng mit ihrem Pflegeteam zusammenarbeiten, um einen umfassenden Pflegeplan zu entwickeln, der auf ihre spezifischen Bedürfnisse eingeht und ihre Unabhängigkeit so lange wie möglich aufrechterhält."
"Darüber hinaus kann auch die Unterstützung durch Familie, Freunde und kommunale Einrichtungen eine wichtige Rolle dabei spielen, dass Menschen mit Parkinson unabhängig leben können."
Mythos 5: Es ist angemessen, Menschen mit Parkinson als ‚leidend‘ zu bezeichnen
Dies ist ein wichtiges Beispiel dafür, dass die Sprache eine wichtige Rolle spielt.
"Die Art und Weise, wie wir über Parkinson kommunizieren und sprechen, hat einen direkten Einfluss darauf, wie sich Menschen, die mit dieser Krankheit leben, fühlen. Ausdrücke wie 'an Parkinson leiden' oder 'ein Opfer von Demenz' sind negativ und können sowohl für die Betroffenen als auch für deren Angehörige schwerwiegende Folgen haben", sagt Karim.
"Verwende stattdessen eine respektvolle Sprache, um zu zeigen, dass die Parkinson-Krankheit kein bestimmender Aspekt in ihrem Leben ist. Sage zum Beispiel 'ein Mensch mit Parkinson' oder 'mit Parkinson leben"."
Dr. Babak stimmt dem zu. "Menschen mit Parkinson als 'leidend' zu bezeichnen, kann problematisch sein, weil es ihre Erfahrungen oder Perspektiven nicht genau wiedergibt. Obwohl die Parkinson-Krankheit erhebliche Herausforderungen und Schwierigkeiten mit sich bringen kann, ziehen es viele Betroffene vor, sich auf ihre Stärken, Fähigkeiten und die Aspekte des Lebens zu konzentrieren, die ihnen Freude und Erfüllung bringen."
Auch er schlägt vor, eine aussagekräftigere Sprache zu verwenden, z. B. "Leben mit" oder "Bewältigung" der Parkinson-Krankheit. "Damit wird anerkannt, dass die Parkinson-Krankheit zwar ihr Leben beeinträchtigt, sie aber nicht ausschließlich durch ihre Probleme oder Einschränkungen definiert", sagt er.
Im Zweifelsfall kann es aber auch sinnvoll sein, die Betroffenen zu fragen, ob sie eine bestimmte Formulierung bevorzugen.