Was versteht man unter einem "Love Brain"?

Teenagerin ins Krankenhaus eingeliefert

Miriam Eichhorn
·Freie Autorin
Aktualisiert
Frau am Fenster
Nachdem sie ihren Freund über 100 mal an einem Tag angerufen hatte, wurde eine Teenagerin mit sogenanntem "Love Brain" ins Krankenhaus eingewiesen. (Bild: Getty Images)

Wer schon einmal verliebt war, weiß, dass man sich während dieser Zeit körperlich und geistig in einer Art Ausnahmezustand befindet. Die Welt erstrahlt in den buntesten Farben, die Schmetterlinge im Bauch flattern 24/7 und die Gedanken drehen sich unablässig um diese eine, ganz besondere Person. Schon eine kurze Textnachricht von ihr löst ein ganzes Feuerwerk an Emotionen aus. Dass Verliebtsein aber auch in eine Obsession münden kann, zeigt ein aktueller Fall einer Teenagerin aus China. Das behandelnde medizinische Fachpersonal attestierte ihr ein sogenanntes "Love Brain".

Wie die South China Morning Post berichtet, diagnostizierte eine Ärztin bei der 18-jährigen Frau namens Xiaoyu außerdem eine Borderline-Persönlichkeitsstörung. Bedingt durch ihre psychische Erkrankung hatte sie eine regelrechte Obsession mit ihrem Freund entwickelt. Nachdem sie ihn an einem Tag mehr als 100 Mal angerufen und damit gedroht hatte, sich umzubringen, wurde sie schließlich ins Krankenhaus eingeliefert.

Dr. Du Na vom Zentrum für Psychosomatische Medizin des Vierten Volkskrankenhauses sagte, dass Xiaoyu und ihr Freund sich im ersten Jahr an der Universität kennengelernt hatten. Sie bauten schnell eine "innige Beziehung" auf. Der Ärztin zufolge begann die junge Frau jedoch bald, ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Partner aufzubauen. Er habe sich bald "erstickt und unwohl" gefühlt. Sie habe ihn nicht nur gedrängt, ihr ständig seinen Aufenthaltsort mitzuteilen, sondern auch verlangt, dass er ihre Textnachrichten zu jeder Tages- und Nachtzeit beantworte.

An dem Tag, an dem Xiaoyu ihren Freund hundertmal kontaktiert hatte und er nicht auf ihre Versuche reagierte, soll sie schließlich Gegenstände durch das Haus geworfen haben. Ihr Freund rief daraufhin die Polizei. Als diese in der Wohnung eintraf, drohte die junge Frau, sich vom Balkon zu stürzen. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht.

Im Zentrum für Psychosomatische Medizin des Vierten Volkskrankenhauses in Chengdu diagnostizierte Dr. Du bei der jungen Frau eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und ein sogenanntes "Love Brain". Dieser umgangssprachliche Begriff beschreibt die neurophysiologischen Veränderungen im Gehirn, die auftreten, wenn ein Mensch romantische Liebe erlebt. Wenn dieser Zustand obsessiv wird, d.h. wenn eine Person z.B. ungesund viel Zeit damit verbringt, an den/die Partner*in zu denken oder völlig abhängig von ihm/ihr wird, spricht man von einem "Love Brain".

Dr. Du fügte hinzu, dass ein "Love Brain" mit anderen psychischen Störungen wie Angst, Depression und bipolarer Störung zusammen auftreten könne. Sie nannte keine Ursache für Xiaoyus Störung, sagte aber, dass sie häufig bei Menschen auftrete, die in ihrer Kindheit keine gesunde Beziehung zu ihren Eltern gehabt hätten. Menschen mit einer leichten Form der Erkrankung könnten sich von selbst erholen, wenn sie lernten, mit ihren Gefühlen umzugehen, so die Ärztin.

Anmerkung der Redaktion: Psychische Erkrankungen können mit professioneller Hilfe gelindert und sogar geheilt werden. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie etwa bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 – 1110111 und 0800 – 1110222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym und kostenlos.

Aktuelle Artikel