Wie gut sind Boxspringbetten wirklich?

Was ist dran am Hype der Boxspringbetten? Wie bequem und gesund die amerikanischen Betten mit dem gefederten Untergestell wirklich sind, wie es mit Hygiene und Umweltverträglichkeit bestellt ist und was man beim Probeliegen beachten sollte.

Schläft es sich in einem Boxspringbett wirklich besser und gesünder als auf einer herkömmlichen Matratze? (Bild: Getty Images)
Schläft es sich in einem Boxspringbett wirklich besser und gesünder als auf einer herkömmlichen Matratze? (Bild: Getty Images)

Der Markt für Boxspringbetten boomt: Nie war das Schlafsystem, das ursprünglich aus den USA stammt, beliebter unter den deutschen Bettenkäufern als jetzt. Wurden noch 2012 „nur“ 390.000 Boxspringbetten gekauft (247 Millionen), prognostiziert der Marktforscher Interconnection bis 2020 über eine Million verkaufte Exemplare (rund 727 Millionen Euro). Der Marktanalyse zufolge geben die Deutschen insgesamt mehr Geld für Produkte rund ums Schlafen aus, also auch für Kissen und Decken – und doch fällt die rapide wachsende Nachfrage nach Boxsprings aus dem Rahmen. Was ist also dran am Boxspring-Hype?

Boxspring – was ist das eigentlich?

Klar, Boxspring klingt ja schon bequemer als Kaltschaum. Doch die eigentliche Besonderheit des Schlafsystems, das auch amerikanisches oder Continentalbett genannt wird, liegt tiefer – ganze drei Lagen tiefer, um genau zu sein: Denn dort, wo bei herkömmlichen Betten der Lattenrost ist, bildet beim amerikanischen Bett ein gefedertes Untergestell die Basis – das Boxspring.

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Dieses Untergestell besteht aus einem Rahmen, der die Federung umgibt, je nach Art und Hersteller können hier mehrere Arten und Lagen von Federn verarbeitet sein. Auf der Boxspring-Basis nun liegt als zweite Lage die Matratze, die bis zu 30 Zentimeter hoch ist. Layer Nummer drei ist der sogenannte Topper, eine Auflage meist aus Schafschurwolle, Kaltschaum oder Latex, die für weiteren Komfort sorgt und beim Doppelbett auch über beide Matratzen gelegt werden kann. Boxspring bedeutet also dreifach weiches Schlafvergnügen – in der Theorie zumindest.

Was unterscheidet Boxspring vom klassischen Bett?

Auf den ersten Blick ist es zunächst mal die Höhe des Bettkonstrukts – denn auf Boxspringbetten liegt man dank Federbox plus Matratze mit z.B. Taschenfederkern plus Topper etwa auf 60 – 70 cm Höhe – wohingegen ein herkömmliches Bett mit standardisierten 40 – 50 cm Liegehöhe daherkommt. Besonders ältere Menschen bevorzugen einen solch hohen Betteinstieg – doch auch in Hotels freut man sich, beim erschöpften Fall aufs Bett nicht allzu tief zu fallen.

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Die Matratzenwahl ist beim Boxspringbett eingeschränkter als bei einem normalen Bett. Der Klassiker ist die Federkernmatratze in unterschiedlichen Härtegraden. Der Besitzer eines klassischen Betts kann sich hingegen von Kaltschaum bis Visco, von Federkern bis Latex entscheiden. Allerdings kann der Boxspring-Schläfer zusätzlich auch den Topper nach Härtegrad, Atmungsaktivität und Wärmegrad wählen. Auch die Größe der Boxspringmatratze unterscheidet sich oft von den Standardmaßen.

Das Gewicht wie auch der Preis des Boxspringbetts sind im Allgemeinen recht hoch, allerdings beinhalten die Kosten alle Elemente. (Bild: Getty Images)
Das Gewicht wie auch der Preis des Boxspringbetts sind im Allgemeinen recht hoch, allerdings beinhalten die Kosten alle Elemente. (Bild: Getty Images)

Im Allgemeinen sollen sich Boxspringmatratzen mit circa 10 bis 12 Jahren Lebensdauer länger halten als herkömmlichen Matratzen, bei denen ein Wechsel alle acht Jahre empfohlen wird. Einem Topper werden im Normalfall 5-7 Jahre Haltbarkeit attestiert. Hier unterscheidet sich die Theorie jedoch von der Praxis, wie ein Test der Stiftung Warentest schon 2016 zeigte: Nur wenige der getesteten Matratzen hielten so lange durch, schon nach simulierten acht Jahren (im Test wurde eine 140 kg schwere Holzwalze 60.000 Mal über die Matratzen gerollt) bildete sich eine Liegekuhle und die Matratze wurde deutlich weicher.

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Und zu guter Letzt: Das Gewicht wie auch der Preis des Boxspringbetts sind im Allgemeinen recht hoch, allerdings beinhalten die Kosten alle Elemente, wohingegen beim klassischen Modell Lattenrost, Matratze und Rahmen streng genommen getrennt berechnet werden müssen.

Boxspringbetten in der Praxis – Vorteile und Nachteile

Im Boxspringbett schläft man wie auf Wolken, sagt ein Boxspring-Fan. Und tatsächlich ist der Liegekomfort anders als beim herkömmlichen Modell: Durch die doppelte Federung reagiert das Bett auf Körperbewegungen punktueller, während sich bei einem normalen Bett die gesamte Latte durchbiegt. Hans Peter Brix, Projektleiter von Stiftung Warentest, sagte allerdings hinsichtlich der Testergebnisse von 2016: „Die Boxspringbetten schneiden im Punkt Liegeeigenschaften gut bis befriedigend ab. Sie sind damit nicht besser als herkömmliche Matratzen.“

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Grundsätzlich fühlen sich Boxspringbetten durch ihren Aufbau etwas weicher an als normale Betten und auch bei den Tests der Stiftung Warentest stimmten die Härteangaben der Matratzen häufig nicht. „Bei fast allen geprüften Modellen maßen wir eine große oder sehr große Kontaktfläche“, so „test“-Projektleiter Brix. „Das heißt: Die Matratzen sind so weich, dass der Schlafende tief einsinkt. Das schränkt seine Bewegungsfreiheit ein, der Schlaf ist dadurch weniger erholsam.“ Ist das Liegegefühl grundsätzlich zu weich, ist dieses Problem gar nicht so leicht zu beheben. In manchem Fachhandel sind härtere Auflagen erhältlich, eine langfristige Lösung ist jedoch nur der Kauf einer neuen, passenderen Matratze.

Der Topper macht härtere Matratzen weicher, schützt sie vor Schweiß und Schmutz, ist einfach zu beziehen und leicht zu reinigen.
Der Topper macht härtere Matratzen weicher, schützt sie vor Schweiß und Schmutz, ist einfach zu beziehen und leicht zu reinigen.

Der Topper, der als extra Auflage zunächst vor allem bei skandinavischen Boxspringbetten zum Einsatz kam und bis heute bei manchen amerikanischen Betten noch in der Matratze integriert ist, wird als einer der wesentlichen Vorteile des Schlafsystems angesehen: Er macht härtere Matratzen weicher, schützt sie vor Schweiß und Schmutz, ist einfach zu beziehen und leicht zu reinigen.

Wie hygienisch sind Boxspringbetten?

Apropos Reinigung – wie sieht die Hygiene bei Boxsprings aus? Oft sind bei den Konstruktionen Obermatratze und Unterbau mit Stoff, Leder oder Kunstleder bezogen. Dann muss nur der Topper mit einem speziellen, einfach zu wechselnden Spannbetttuch regelmäßig neu bezogen werden. Ein Pluspunkt für die Hygiene – allerdings kann der Feuchtetransport durch die Kunstlederumrandungen eingeschränkt werden, mit negativen Folgen für die Matratze: „Im Vergleich zur klassischen Matratze neigen Boxspringbetten unter Einfluss von Wärme und Feuchte zu Kuhlenbildung“, so der „test“-Bericht von 2016.

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Wenn die Federkernmatratze keinen Bezug hat, kommen spezielle Boxspring-Spannbettlaken mit extra breiter Steghöhe zum Einsatz, die über Matratze und Topper passen. Da die Matratze durch die Topperauflage weitgehend vor Milben, Schmutz und Schweiß geschützt ist, muss vor allem der Topper regelmäßig gereinigt werden. Viele Überzüge und Auflagen sind mit einem Reißverschluss ausgestattet, so dass sie abgezogen werden und im Schonwaschgang extra gereinigt werden können.

Wie nachhaltig sind Boxspringbetten?

Ein Modell des Herstellers Fennobed wurde beim Test der Stiftung Warentest 2016 als bestes Bett in der Kategorie Gesundheit und Umwelt ausgezeichnet. Das finnisch-deutsche Unternehmen achtet bei der Herstellung auf ökologisch nachhaltige Materialien und ist stolz auf gänzlich chemiefreie Bettenfertigung. Auch in Sachen Polsterung kann man auf Umweltverträglichkeit achten: So kann man beim „Öko-Boxspringbett“ des Massivholzherstellers Allnatura zwischen Matratzen aus Naturlatex, Naturkautschuk und Bio-Kaltschaum wählen. Klar ist aber: Schadstofffreiheit und nachhaltige Herstellung ist nicht selbstverständlich, eine Vorab-Vergewisserung beim Hersteller hilft. Auch die Tests von Stiftung Warentest überprüfen stets auf Schadstoffe.

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Geht es an den Matratzenwechsel, nehmen viele Hersteller das von ihnen verkaufte Exemplar teils kostenpflichtig auch wieder zurück. Mit einem neuen Verfahren, das die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert hat, kann neuerdings übrigens der Schaumkern alter Matratzen wiederverwertet werden: Der enthaltene Weichschaum kann nach Umwandlung als Hartschaum für die Wärmedämmung beim Bau verwendet werden. Weichschaum wird bei Boxspringbetten häufig in Matratzen wie auch Toppern verwendet – mit etwas Aufwand steht Recycling – zumindest in der Theorie – also auch hier nichts im Wege.

Tipps vom Experten für den Kauf:

Vor den Kauf des richtigen Betts haben die Götter das Probeliegen gesetzt – und das sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden: Zum richtigen Probeliegen gehört neben der passenden Tageszeit (niemals müde ins Möbelhaus gehen, denn dann sind alle Matratzen gemütlich!) auch das Liegen in allen Positionen, also auf dem Bauch, dem Rücken und der Seite. In der Seitenlage etwa lässt eine gute Matratze Schulter und Becken so tief einsinken, dass sich zwischen Halswirbelsäule und Steißbein eine gerade Linie bilden. Fachpersonal hilft hier weiter. Beim Besuch im Möbelhaus oder direkt beim Hersteller lässt sich auch die Machbarkeit individueller Wünsche besprechen.

Experte: Ausschlafen kann schläfrig machen

Was die Matratzenauswahl angeht, ist neben der richtigen Feder fürs individuelle Körpergewicht und die Schlafvorlieben auch das Gewicht der Matratze ein Anhaltspunkt: Ist beispielsweise eine Schaummatratze auffallend leicht, kann beispielsweise Luft beigeschäumt sein, was die Haltbarkeit deutlich verringern kann. Wichtig ist bei den meisten Arten das Raumgewicht, also die Menge des eingesetzten Materials.

Doch das Wichtigste ist bei jedem Bettenkauf, sich Zeit zu nehmen für eine ausgiebige Beratung, sich vorher Infos anzulesen und Fragen zu stellen – damit man nach dem Kauf statt wie auf Wolken zu schlafen nicht bald aus allen Wolken fällt.

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