Heuschnupfen: Was tun? Expertenrat für eine entspannte Pollensaison!
Allergologe Prof. Dr. Thomas Fuchs im exklusiven Gespräch
Heuschnupfen ist nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Denn fliegen die Pollen erst mal, kann es für Allergiker ziemlich unangenehm werden: Die Nase juckt und läuft, die Augen sind gerötet, der Rachen kitzelt – und im schlimmsten Fall kann es zu Luftnot kommen. Doch warum haben manche Menschen Heuschnupfen und andere nicht? Und wie merke ich eigentlich den Unterschied zwischen einer normalen Erkältung und Heuschnupfen?
Yahoo Life hat mit Prof. Dr. Thomas Fuchs, Vizepräsident des Ärzteverbands deutscher Allergologen (AeDA), über die wirksamsten Behandlungsmethoden gesprochen und darüber, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, einen Spezialisten aufzusuchen. Denn wird Heuschnupfen nicht richtig – und nicht rechtzeitig behandelt – kann sich daraus eine viel schlimmere und langwierigere Erkrankung entwickeln.
Wer bekommt eigentlich Heuschnupfen?
Hasel, Erle und Birke – es sind vor allem die Frühblüher, die in Deutschland dafür sorgen, dass fast jeder Dritte im Laufe seines Lebens irgendwann eine Pollenallergie entwickelt. Doch auch Kräuter wie Beifuß- oder Graspollen, die vor allem im Sommer und im Herbst fliegen, können Allergikern Schwierigkeiten bereiten. "Was man immer wieder vergisst, ist, dass auch Schimmelpilzsporen eine Rolle spielen können. Die lösen nämlich die gleichen Symptome aus", erklärt Prof. Dr. Thomas Fuchs von der Universitätsmedizin Göttingen.
"Die Neigung wird vererbt. Wenn die Eltern beide Heuschnupfen haben, dann entwickelt deren Kind in etwa 60 Prozent der Fälle im Alter von sieben bis neun Jahren auch einen Heuschnupfen", so der Allergologe. "Grundsätzlich kann aber merkwürdigerweise jeder einen solchen Heuschnupfen im Laufe seines Lebens bekommen – auch der 70-Jährige. Auch wenn er aus keiner Allergikerfamilie stammt. Warum das so ist, ist allerdings nicht bekannt."
Wie merke ich den Unterschied zwischen einer normalen Erkältung und Heuschnupfen?
"Bei einem Infekt durch Viren oder Bakterien hat man im Allgemeinen Fieber und bei Heuschnupfen ist das nicht unbedingt der Fall", erläutert Fuchs. Im Frühjahr sei es aber schwierig, das eine vom anderen zu unterscheiden. Tritt die Erkrankung jedoch immer wieder in einem ähnlichen Zeitraum auf, könne das ein Hinweis auf einen Heuschnupfen sein.
Der Birkenpollenallergiker bekommt laut dem Experten meist im April Probleme, in diesem Jahr aufgrund der warmen Temperaturen vermutlich auch schon Mitte März. "Tauchen die gleichen Symptome jedes Jahr zu dieser Zeit auf, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es sich um eine Birkenpollenallergie handelt", sagt Prof. Dr. Thomas Fuchs. Ähnliches gelte für alle, die in den Sommermonaten im Juli, August oder auch Anfang September Schwierigkeiten haben. "Dann könnten es die Graspollen oder Beifußpollen sein, die zu dieser Zeit herumfliegen", erklärt der Facharzt für Allergologie. Und was, wenn jemand ganzjährig Schnupfen, häufiges Niesen, Naselaufen, Augenjucken, vielleicht auch Luftnot, hat? "Dann können es Hausstaubmilben sein oder auch Tiere wie ein Hund oder eine Katze. Es könnten auch Pferde sein, mit denen man sich umgibt." Dem Mediziner zufolge handelt es sich dabei allerdings nur um indirekte Hinweise. "Den Beweis liefern letztendlich die Expert*innen, die durch Blutuntersuchungen oder Hauttests und Provokationstests zu einer Diagnose kommen."
Heuschnupfen: Was nun?
Viele würden beim Auftreten der ersten Symptome direkt die nächste Apotheke ansteuern, doch davon rät der Experte ab, da man dort nicht unbedingt die Medikamente bekommt, die frei von Nebenwirkungen sind. Der Allergologe rät zur Milderung der akuten Beschwerden zu kortisonhaltigen Sprays, die den Heuschnupfen zurückdrängen, sodass man sich wieder gut fühle und wieder arbeiten könne. Kortison werde einmal morgens, einmal abends gesprüht, dann sei das Problem gelöst. Manchmal werden auch Antihistaminika empfohlen. Diese seien jedoch nicht so effektiv wie Kortisonsprays. Außerdem erfolge die Kortisonbehandlung an den Schleimhäuten der Nase und der Bronchien praktisch ohne Nebenwirkungen.
Auf lange Sicht sind Medikamente dem Experten zufolge jedoch keine Lösung. "Kortisonsprays lindern nur die Beschwerden", erklärt Fuchs. Wer etwas tun möchte, um auf Dauer symptomfrei zu sein, sollte über eine allergenspezifische Immuntherapie, eine sogenannte Hyposensibilisierung, nachdenken. "Dabei wird letztlich das, was krankmacht, also beispielsweise die Birkenpollen, dem Menschen mit einer Spritze oder oral in einer relativ hohen Konzentration zugeführt", erklärt der Allergologe. Auf diese Art und Weise werde der Körper dann gewöhnt, sich damit auseinanderzusetzen, und es entsteht eine Toleranz gegenüber diesem Allergen, in diesem Fall den Birkenpollen. "Das führt dann dazu, dass die Probleme im nächsten Jahr deutlich geringer beziehungsweise komplett verschwunden sind."
Die Patienten müssten mit einer Behandlungsdauer von drei bis vier Jahren rechnen, weil mehrere Injektionen in Abständen von einer Woche, später dann in Abständen von vier oder sechs Wochen, nötig seien. "Es erfordert vom Patienten Geduld, aber nach einer längeren Durststrecke steht ein langanhaltender Erfolg", sagt der Mediziner. "Etwa 60 Prozent aller Menschen, die eine Hyposensibilisierung durchführen, erleben eine signifikante Besserung." Nebenwirkungen, darunter allergische Reaktionen, Hautausschläge oder Luftnot, seien möglich, aber ausgesprochen selten.
Der beste Tipp für Pollenallergiker?
"Ein Pollenallergiker sollte sich nicht in ein Cabrio setzen oder mit offenem Schiebedach durch die Gegend fahren. Das bereitet ihm mit Sicherheit große Probleme", sagt Fuchs. Eine Klimaanlage im Auto sei gut, eine Klimaanlage im Haus oder in der Wohnung wäre auch ideal. "Auf diese Art und Weise könnte man tatsächlich Blütenstäube draußen lassen, aber im Allgemeinen gelingt das nur sehr begrenzt." Natürlich könne man sich am Ende eines jeden Tages duschen und sich die Haare waschen, doch auch das schaffe auf Dauer keine Abhilfe. "Zum Schluss juckt der Kopf, weil man sich täglich die Haare wäscht und die Kopfhaut austrocknet. Eine gute Diagnostik, eine richtige Diagnose und eine gute Therapie sind das A und O."
Kann man gegen Heuschnupfen vorbeugen?
Prof. Dr. Thomas Fuchs rät auch davon ab, zu Hausmitteln zu greifen. "Bei Heuschnupfen helfen keine Kupferarmbänder oder Amulette, genauso wenig wie Kreuzkümmel. Hier ist naturwissenschaftliche Medizin gefragt, und zwar frühzeitig." Man müsse der allergischen Entzündung Einhalt gebieten, damit sie nicht chronisch werde und möglicherweise sekundäre Probleme in der Folge dieser akuten Erkrankung verursache. "Es ist kein Spaß, wenn man nach einem Heuschnupfen in zehn, zwanzig Jahren – und nach nicht ausreichender Behandlung in dieser Zeit – Asthma entwickelt", warnt der Facharzt für Dermatologie, Venerologie und Allergologie. In 30 Prozent aller Fälle sei dies der Fall, so Fuchs. Insofern sei es wichtig, relativ früh eine anerkannte, wissenschaftlich geprüfte Diagnostik durchzuführen. "Blutuntersuchungen oder Hauttests sollten zeitnah erfolgen. Und daraus resultierend natürlich eine zielgerichtete Therapie. Sonst wird es schwierig", meint Fuchs. "Und der nächste April mit den gleichen Problemen kommt mit Sicherheit wieder."
Unser Yahoo-Experte: Prof. Dr. Thomas Fuchs
Prof. Dr. med. Thomas Fuchs ist Vizepräsident des Ärzteverbands deutscher Allergologen (AeDA) und ist Facharzt für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). In seinen wissenschaftlichen Publikationen befasste er sich unter anderem mit Allergien auf Insektengifte, mit der Berufsdermatologie und mit der allergenspezifischen Immuntherapie.