Experten()Wissen: Vegane Ernährung – darauf solltest du achten
Ernährungsexperte Dr. Carl Meißner im exklusiven Gespräch
Wer sich vegan ernährt, entscheidet sich dafür, gänzlich auf Lebensmittel tierischen Ursprungs zu verzichten. Doch was sollte man bei der Zubereitung beachten? Welche Vitamine sind wichtig und welche Lebensmittel liefern die nötigen Nährstoffe? Ein Ernährungsmediziner erklärt, was du im Blick behalten solltest.
Vegan zu essen, heißt, auf Lebensmittel tierischen Ursprungs zu verzichten. Dazu zählen nicht nur Fisch und Fleisch, sondern auch Milch, Käse, Eier, Honig und Gelatine. Laut Statista ernähren sich rund 3% der Menschen in Deutschland vegan. Wer sich für eine vegane Lebensweise entscheidet, macht das aus den vielfältigsten Gründen. Während die einen etwas für ihre Gesundheit tun möchten, liegt den anderen das Tierwohl auf dem Herzen. Worin sich jedoch die meisten einig sind: Durch vegane Ernährung können sowohl das Klima als auch die Umwelt profitieren. Eine pflanzliche Kost kann zudem vor Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Übergewicht schützen.
Doch wie mache ich es richtig und worauf sollte ich bei einer veganen Ernährung achten? Vegan zu leben, bedeutet nämlich nicht, zu veganen Fertiggerichten mit viel Zucker oder Pommes mit Ketchup zu greifen. Wer sich vegan und gesund ernähren möchte, muss sich in erster Linie gut darauf vorbereiten und einen ausgewogenen Ernährungsplan erstellen. "Um einen positiven Effekt zu erzielen, reicht es nicht, einfach nur die tierischen Lebensmittel wegzulassen", sagt Dr. Carl Meißner, Mitglied des erweiterten Vorstandes beim Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner e.V. (BDEM). "Nicht nur die Lebensmittel selbst sind wichtig, sondern auch deren Zubereitung. Wird beispielsweise der Blumenkohl mit Panade aus Mehl und gegebenenfalls Zucker in einer fettigen Fritteuse zubereitet, ist das gesunde Gemüse plötzlich gar nicht mehr so gesund. Es sollte also abwechslungsreich aus frischen vollwertigen Lebensmitteln zusammengestellt werden."
Um einen positiven Effekt zu erzielen, reicht es nicht, einfach nur die tierischen Lebensmittel wegzulassen.Dr. Carl Meißner
Die besten pflanzlichen Alternativen für Fleisch, Milch, Eier und Co
Wer auf Fleisch und Fisch verzichtet, sollte vor allem auf seinen Eisenvorrat im Körper achten. Eisen finden wir laut dem Ernährungsexperten vor allem in Bohnen, Linsen, Nüssen, aber auch im Brokkoli. Als Eiweißquelle diene meist Soja, aber auch Erbsen- und Reisproteine. Milchalternativen, die im Kaffee und Müsli genutzt werden können, sind Soja- oder Mandeldrinks. "Die Regale in Supermärkten und Einkaufseinrichtungen sind mittlerweile sehr gut gefüllt und bieten den Verbrauchern eine Vielzahl von veganen Alternativen", so Meißner.
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Doch wie sieht es eigentlich mit Alternativen beim Backen aus? Geht das überhaupt ohne Ei? "Ist das Ei Bindemittel im Kuchen, kann hier auch veganer Jogurt genutzt werden", erklärt der Ernährungsexperte.
Vegane Ernährung – diese Vitamine und Nährstoffe braucht dein Körper
"Die Gefahr bei rein veganer Ernährung kann ein Vitaminmangel sein. Diese sollte von Beginn an durch einen optimierten Ernährungsplan oder Einkaufsliste minimiert werden. Weiterhin sind regelmäßige Laborkontrollen beim Arzt zu empfehlen", rät der Experte. Dabei sollte vor allem darauf geachtet werden, dass der Körper genug Mineralstoffe wie Kalzium und Spurenelemente wie beispielsweise Eisen, Jod und Zink bekommt. Auch B-Vitamine, vor allem B12 und Vitamin D, sind laut dem Mediziner wichtig. "Mittlerweile gibt es eine Reihe an Untersuchungen und der Aufklärungs- bzw. der Informationsdienst ist besser geworden: Einige Veganer und Veganerinnen nutzen beispielsweise Vitamin B12 in Tropfen- oder Kapselform", sagt Meißner.
"Die Grundlage einem Mangel vorzubeugen, ist ein ausgewogener Speiseplan", erklärt der Ernährungsmediziner. Hiermit lasse sich der Bedarf an einigen Nährstoffen gut ausgleichen beziehungsweise decken. Da Milch- und Milchprodukte wegfallen, könnte eine ausreichende Jodzufuhr bei streng veganer Kost laut dem Experten etwas schwieriger werden. Diese sei schon bei der üblichen "Mischkost" eher knapp. Ein Jodmangel ließe sich mit einem Bluttest nachweisen oder indirekt durch einen Urintest, und könne dann entsprechend ausgeglichen werden. Doch der Mediziner warnt auch: "Nahrungsergänzungsmittel sind keine Nahrungsersatzmittel." Eine ausgewogene Ernährung sei weiterhin wichtig.
Ist vegane Ernährung bei Kindern zu empfehlen?
Von einer gänzlich veganen Ernährung bei Kindern rät der Ernährungsmediziner genauso wie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte deshalb ab. Bei streng veganer Ernährung der Heranwachsenden sei die Versorgung mit Eiweiß und bestimmten Fettsäuren, Vitaminen und Spurenelementen nämlich kritisch beziehungsweise nicht optimal. "Aus wissenschaftlicher Sicht ist wohl 'optimierte Mischkost' der Standard für Kinderernährung hierzulande", so Meißner.
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Bei der optimierten Mischkost werden fünf Mahlzeiten am Tag empfohlen. Diese setzen sich zusammen aus: einem hohen Anteil kalorienarmer Getränke und viel Gemüse, Obst und Getreide, einem geringeren Anteil aus tierischen Lebensmitteln wie Milch, Fleisch oder Eiern und einem geringen Anteil aus fett- und zuckerreichen Lebensmitteln.
Lebensmittel, die gar nicht so vegan sind
Übrigens: Wer sich vegan ernährt, sollte bei Lebensmitteln auch immer auf die Inhaltsstoffe achten. So sind beispielsweise nicht alle Brot– und Backwaren vegan, vor allem die, die L-Cystein (E 920) enthalten. Auch Molkepulver ist nicht vegan. Ebenso wenig manche Gummibärchen oder Honig, der beispielsweise auch in Bonbons zu finden ist.
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Welche Ernährungsweise ist denn nun die richtige?
Dr. Carl Meißner möchte bei der Ernährung keine Trennung oder Abgrenzung. Was sich der Mediziner wünscht, ist ein Zusammenspiel aus veganer, vegetarischer und gesunder Mischkost. Wofür auch immer du dich entscheidest, laut dem Ernährungsexperten ist es am wichtigsten, die Vielfalt zu genießen und zu versuchen, dich so ausgewogen wie nur möglich zu ernähren. "Je bunter der Teller, desto besser", so Meißner.
Unser Experte: Dr. med. Carl Meißner
Dr. med. Carl Meißner ist Ernährungsmediziner und Mitglied des erweiterten Vorstandes beim Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner e.V. (BDEM). Er ist außerdem Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Palliativ- und Notfallmediziner. Als einer der Geschäftsführer leitet er das medizinische Versorgungszentrum "Im Altstadtquartier" Magdeburg. Sein neuestes Buch ist "Das Ernährungsprogramm für gesunde Gefäße" (Trias Verlag in Georg Thieme Verlag KG). Auf Facebook und Instagram bespricht er regelmäßig medizinische sowie ernährungswissenschaftliche Themen.
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