Kann man Nierensteinen vorbeugen? Das sagt ein Experte

Urologe Dr. Osama Andura im exklusiven Interview

Ärztin untersucht Patientin mit Verdacht auf Nierenstein per Ultraschall
Harnsteine können unter anderem in der Ultraschalluntersuchung entdeckt werden. (Foto: Getty)

Sie sind klein, bleiben lange symptomlos und verursachen derart schlimme Schmerzen, dass die meisten Betroffenen direkt einen Notruf absetzen: Nierensteine, die in den Nierenbecken gebildet werden und von dort in den Harnleiter wandern können. Beide Varianten, also Nieren- und Harnleitersteine, können als Harnsteine bezeichnet werden.

Wenig Bewegung und ungesunde Ernährung können deren Entstehung begünstigen und sie dementsprechend auch verhindern. Wie man also am besten vorbeugen kann, was es zu vermeiden und was zu tun gilt und woran man merkt, dass man vielleicht selbst einen Harnstein hat, erklärt Dr. Osama Andura, Chefarzt der Urologie an der Schön Klinik Rendsburg, gegenüber Yahoo Life.

Dr. Osama Andura: In Deutschland liegt die Prävalenz der Urolithiasis bei etwa sechs Prozent, wobei Männer häufiger als Frauen betroffen sind. Das Erkrankungsalter liegt meistens zwischen 30 und 60 Jahren. Urolithiasis gehört weltweit zu den am häufigsten auftretenden Erkrankungen und kann als Volkskrankheit bezeichnet werden. Die Inzidenz steigt in vielen Ländern sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Das liegt vor allem an veränderten Lebensumständen und Ernährungsgewohnheiten, wobei sich auch die medizinische Diagnostik verbessert hat.

Ein klassisches Symptom ist die Harnleiterkolik mit sehr starken, wehenartigen Schmerzen. Diese sind meist im Unterbauch oder im Rücken lokalisiert und können in den Hodensack oder die Schamlippen ausstrahlen. Die meisten Patienten kommen mit dem Notarzt, weil Nierenkoliken mit die schlimmsten Schmerzen verursachen, die man erleben kann. Wir nennen das auch "Steingeburt".

Der Stein kann aber auch dann, wenn er in der Niere bleibt, Symptome verursachen. Liegt der Stein im unteren Segment des Harnleiters, kann er Schmerzen beim Wasserlassen verursachen. Es kann aber auch sein, dass der Stein zu Blut im Urin führt. Zudem können bei einer Infektion Fieber oder Schüttelfrost auftreten, wenn die Ursache nicht behandelt wird.

Zuerst bekommen sie Schmerzmittel verabreicht. Dann müssen wir herausfinden, um welche Art von Stein es sich handelt, wie groß er ist und wo er liegt, ob es sich also um einen Nieren- oder Harnleiterstein handelt. Wenn der Stein den Harnleiter blockiert, staut sich der Urin in der Niere, was zu Schmerzen führt. Dann wird ein Stent in den Harnleiter platziert, um den Harnabfluss zu gewährleisten.

Wenn der Patient einen kleinen Stein hat, keine Entzündung und keine Infektion, kann man abwarten, ob er von alleine abgeht. Bei kleinen Steinen passiert das in 80 Prozent der Fälle. Wenn man die Niere ableiten muss, sollte man danach drei bis vier Wochen warten und den Stein dann endoskopisch, also minimalinvasiv, entfernen. Dafür geht man mit einer Kamera durch die Harnröhre und den Harnleiter und entfernt den Stein mit einer Schlinge. Wenn es sich um einen großen Stein handelt, wird er zunächst mit einem Laser zertrümmert und dann die kleinen Trümmer entfernt.

Nierensteine können gefährlich werden, weil sie zu verschiedenen Komplikationen führen können. Dazu zählt die Blockierung der Harnwege, was zu starken Schmerzen und einem Rückstau von Urin in den Nieren führen kann. Daraus kann sich eine Nierenentzündung oder Nierenfunktionsstörung entwickeln.

6 Millimeter großer Nierenstein vor einem Lineal.
Harn- und Nierensteine können unterschiedlich groß sein und bis etwa 10 Millimeter Größe über den Urin ausgeschieden werden. (Bild: Getty Images)

Wenn sich der Urin staut, können sich Bakterien leichter vermehren, wodurch Infektionen auftreten können. Eine Infektion im Zusammenhang mit Nierensteinen kann schwerwiegend sein und zu einer sogenannten Urosepsis führen. Das ist die Komplikation mit der höchsten Letalität. Besonders kompliziert ist es bei Schwangeren, weil man keine ausreichende Diagnostik mit Röntgen durchführen kann. Dazu kommt ein erhöhtes Risiko für zum Beispiel Frühgeburten.

Die Entstehung von Harnsteinen ist ein multifaktorieller Prozess, der zu Kristallisation von im Urin gelösten Substanzen führt. Ist der Urin übersättigt und ihm fehlen gleichzeitig sogenannte antilithogene Einflussfaktoren, kommt es zu einer Bildung und Aggregation von Kristallen, an deren Oberfläche sich anschließend neue Kristalle anlagern, wodurch Harnsteine entstehen. Diese Bildung kann von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden. Darunter genetische Veranlagung, eine ungesunde Ernährungsweise und ungenügende Flüssigkeitsaufnahme.

75 bis 80 Prozent der Nierensteine sind Kalziumoxalatsteine, und bei denen gilt eine Regel, die Urologen ihren Patienten immer ans Herz legen: "laufen und saufen". Man sollte sich also bewegen und auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten. Ideal sind zwei Liter Urinausscheidung, wofür man zweieinhalb bis drei Liter trinken sollte. Das Wasser ist wichtig, um die Konzentration von Mineralien im Urin zu verdünnen. Bei der Ernährung geht es um eine Reduzierung von Nahrungsmitteln, die reich an Oxalat, Kalzium und Purinen sind. Dazu gehören zum Beispiel Spinat, Rhabarber, Schokolade, Nüsse, bestimmte Früchte und Getränke, die viel Zucker enthalten.

Generell empfiehlt sich eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst, Vollkornprodukten und moderatem Verzehr von tierischem Eiweiß, darunter vor allem rotes Fleisch. Wichtig ist auch, nicht zu viel Salz zu sich zu nehmen, weil eine hohe Salzaufnahme die Kalziumausscheidung im Urin erhöhen kann.

Zwischen 50 bis 70 Prozent.

Die Steine bilden sich immer in den Nieren. Wenn man sich viel bewegt, können kleine Steine, die erst über die Zeit größer werden würden, durch die Bewegung von alleine abgehen.

Dr. Osama Andura ist Chefarzt der Urologie der Schön Klinik Rendsburg. (Foto: Schön Klinik)
Chefarzt Dr. Osama Andura. (Foto: Schön Klinik)

Dr. Osama Andura ist Chefarzt der Urologie an der Schön Klinik Rendsburg in Schleswig-Holstein. Er verfügt über die Zusatzbezeichnung Medikamentöse Tumortherapie. Sein Hauptaugenmerk gilt der Tumorchirurgie, der Inkontinenzchirurgie und der Neuro-Urologie.