Welche Lebensmittel helfen beim Einschlafen?
Das sagt ein Ernährungsexperte
43 Prozent der Deutschen haben laut einer aktuellen Umfrage Schlafprobleme. Wer nachts schlecht schläft oder erst gar nicht einschlafen kann, greift vermutlich irgendwann zu Melatonin oder Baldrian. Wenn man der Sleep Charity Glauben schenken mag, gibt es allerdings eine viel einfachere – und gesündere – Möglichkeit. Die britische Wohltätigkeitsorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen zum ultimativen Schlaf zu verhelfen, hat fünf Tipps für eine bessere Schlafqualität im Jahr 2024 veröffentlicht. Auf Platz eins der Liste: Obst vor dem Schlafengehen essen.
Eine Banane futtern und danach schlafen wie ein Baby – ist das wirklich möglich? "Schlafen ist ein hochkomplexer biochemischer Vorgang, bei dem der Körper versucht, Kraft zu tanken. Wer aktiv durch den Alltag geht, betätigt seine Muskeln. Damit sich diese regenerieren können, brauchen sie Mineralien und Spurenelemente", sagt Dr. Carl Meißner, Mitglied des erweiterten Vorstandes beim Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner e.V. (BDEM).
Welches Obst hilft beim Einschlafen?
"Bananen können beim Einschlafen helfen, da sie aufgrund ihres hohen Gehalts an Magnesium und Kalium die Muskelentspannung fördern und so zur Erholung beitragen", erklärt der Ernährungsexperte. "Sie enthalten zudem Tryptophan, eine Aminosäure, welche die Produktion von gehirnberuhigenden Hormonen stimuliert." Meißner empfiehlt auch leicht verdauliches Obst wie Himbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren und Goji-Beeren, weil sie die Produktion des Schlafhormons Melatonin fördern. Von Apfelsinen, Mandarinen und Pomelo rät der Ernährungsmediziner jedoch ab, da sie wegen ihrer Fasern nur schwer verdaulich sind.
Im Allgemeinen warnt Dr. Carl Meißner aber davor, Obst in Unmengen zu verzehren: "Zucker finden wir nicht nur industriell hergestellt, sondern auch im Obst als Fruchtzucker. Fruchtzucker mag zwar harmlos klingen, ist er aber nicht. Er ist nicht gesünder als herkömmlicher Zucker, belastet den Stoffwechsel und kann sogar zur Fettleber führen." Schätzungsweise 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung hierzulande könne Fruchtzucker über den Dünndarm nicht richtig aufnehmen. "Die ersten Anzeichen machen sich nach dem Verzehr von Obst als unspezifische Bauchbeschwerden wie Blähungen und Durchfall bemerkbar", so der Mediziner. Merke: Je südlicher die Frucht ist oder je mehr Sonnenreifung, desto mehr Fruchtzucker ist enthalten.
Nicht nur Obst kann beim Einschlafen helfen, sondern auch Gemüse. "Gemüse ist das neue Obst. Es enthält genauso Mineralien und Spurenelemente." Für einen erholsamen Schlaf sollte man Rohkost am Abend jedoch vermeiden. "Dann muss der Darm die ganze Nacht arbeiten und wir sind völlig unausgeschlafen", erklärt Meißner. Wer auf Gemüse am Abend nicht verzichten möchte, sollte es am besten garen oder dünsten und zerkleinern. "Das bedeutet jetzt nicht 'Smoothie für alle', aber gut gekaut oder zerkleinert, ist gut verdaut." Gegarte oder pürierte Möhren machen laut dem Experten weniger Schwierigkeiten, eine Rohkost-Möhre könne aber schon mal Bauchbeschwerden verursachen.
Diese Lebensmittel helfen beim Einschlafen
Allgemein ist Obst und Gemüse das A und O einer jeden ausgewogenen Ernährung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt fünf Portionen am Tag. Weitere Lebensmittel, die reich an Mineralien, Spurenelementen und gesundem Fett sind, und beim Einschlafen hilfreich sein können: Fisch, Haferflocken, Dinkelnudeln, Quinoa, Magerquark und Kräutertee.
Welche Lebensmittel sollte man vor dem Schlafengehen unbedingt meiden?
Neben schwer verdaulichen Lebensmitteln sollten alle, die gut schlafen möchten (und gesund bleiben wollen!), die Finger von Klassikern aus Fast-Food und Co. lassen, ebenso von verarbeiteten Produkten mit vielen Zusatzstoffen. "Alkohol am Abend ist ebenfalls kontraproduktiv, weil er zuerst müde macht, aber oft zu Störungen beim Durchschlafen führt", erklärt Dr. Carl Meißner. Außerdem rät der Mediziner dazu, nicht zu spät zu essen, ausreichend zu lüften und am besten ohne TV und Smartphone ins Bett zu gehen. "Schlafen benötigt eine gesunde Schlafhygiene, die wir aufrechterhalten sollten."
Unser Experte: Dr. med. Carl Meißner
Dr. med. Carl Meißner ist Ernährungsmediziner und Mitglied des erweiterten Vorstandes beim Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner e.V. (BDEM). Er ist außerdem Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Palliativ- und Notfallmediziner. Als einer der Geschäftsführer leitet er das medizinische Versorgungszentrum "Im Altstadtquartier" Magdeburg. Sein neuestes Buch ist "Das Ernährungsprogramm für gesunde Gefäße" (Trias Verlag in Georg Thieme Verlag KG). Auf Facebook und Instagram bespricht er regelmäßig medizinische sowie ernährungswissenschaftliche Themen.